Otto siegt mit Frust im Bauch - bald ins Cockpit?

Berlin (dpa) - Der Salto rückwärts nach dem Sieg stand am Ende wie ein Symbol für eine verrückte Saison. Bei seiner Flugshow auf dem Berliner Ku'damm hat Björn Otto noch einmal allen gezeigt, dass eigentlich er auf dem Weg nach Daegu sein müsste.

Doch der Stabhochspringer mit dem Körper eines Artisten und dem Traum vom Fliegen durfte diesmal nicht mit zur Leichtathletik-Weltmeisterschaft nach Südkorea. Im Flieger nach Fernost saßen drei seiner Kollegen, in 10 000 Meter Höhe und unerreichbar weit weg. Otto katapultierte sich in der Berliner Abendsonne 5,75 Meter hoch - der tosende Beifall der Fans konnte ihn aber auch nicht trösten.

„Ich bin natürlich frustriert ohne Ende, dass ich nicht mit zur WM fahre. Am Ende fehlte nur ein Stückchen Papier, damit meine 5,80 Meter von Landau gezählt hätten“, sagte Otto in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa. Und: „Das ist zum Kotzen.“ Der Modellathlet vom LAV Bayer Uerdingen/Dormagen ist in bestechender Form - in WM-Form. Zudem hat er die geforderte Normhöhe (5,72 Meter) mehrmals gemeistert, und die 5,80 Meter von Landau wären sogar Platz vier in der Jahresweltbestenliste wert gewesen.

Wären. Es sollte nicht sein. „Die Anlage war korrekt vermessen, aber der Anlaufsteg eben nicht per Laser. Dies ist per Reglement vorgeschrieben, ich weiß, aber bei etlichen internationalen Wettkämpfen in den letzten Jahren gab es diese Lasermessung auch nicht“, beklagte der WM-Fünfte von 2007. „Das ist jetzt noch bitterer, dass gerade ich in diesem Wettkampf der Dumme war.“ Statt Routinier Otto, schon 33, ist nun sein Vereinskollege Karsten Dilla, erst 22, zu den Titelkämpfen nach Daegu geflogen.

Björn Otto ist nur Ersatzmann - und damit trotz Norm der erste Verlierer. Noch immer ist er stinksauer, aber nicht auf Dilla. Sondern auf den Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV). „Ich sehe beim DLV einfach die rote Linie nicht, dieses Heck-Meck bei der Nominierung gab es ja nicht zum ersten Mal. Der DLV sollte mal den Arsch in der Hose haben und eine klare Linie fahren“, fordert der Studenten-Weltmeister von 2005, dessen persönliche Bestleistung bei 5,90 Meter steht.

„Beim Stabhochsprung gibt's ja immer Palaver bei der Nominierung. Tim Lobinger durfte im Frühjahr mit 5,60 zur Hallen-EM, die Norm war bei 5,70 Meter.“ Da hat man „den Spieß einfach umgedreht“, und auch in seinem Fall hatte Otto auf „Kulanz“ gehofft. Doch die DLV- Leistungshüter entschieden sich für Olympia-Hoffnung Dilla. Der Youngster fliegt nun mit einem Vorwert von 5,72 Meter nach Daegu, Otto war acht Zentimeter besser. „Die 5,80 Meter waren blitzsauber - die springt man auch nicht jeden Tag.“

Vielleicht sind Landau und Berlin sogar seine letzten großen Tage als Stabhochspringer gewesen. Denn Otto will noch höher hinaus. Aber ohne Stab. „Ich will eine Pilotenausbildung anfangen. Wenn ich die Tests bestehe, höre ich vielleicht noch in diesem Jahr mit der Leichtathletik auf“, kündigte er an. „Pilot ist mein Traumberuf, Fliegen mein Kindheitstraum.“ Schon als kleiner Junge hat er mit dem Modellflug angefangen, „mit 18 war ich zum ersten Mal mit dem Gleitschirm in der Luft“. Hat der Sport etwa eine berufliche Traumkarriere verzögert? Nein, nein. Otto lacht: „Stabhochspringen ist ja auch Fliegen.“

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