Lockere Steffen: „Sehne mich nach Sicherheit“

Berlin (dpa) - Britta Steffen und Paul Biedermann wussten, was sie erwartet. Die eher ungeliebten Fragen zum Privatleben handelten beide routiniert ab. Er sucht die gemeinsame Wohnung in Halle/Saale. Sie lässt ihm freie Hand.

„Ich muschel mir das so hin, wie ich es brauche. Wie es die Frauen nun mal so machen“, sagte Britta Steffen und lachte. Ihre Zeit in einem zehn Quadratmeter kleinen Internatszimmer im Berliner Stützpunkt Hohenschönhausen ist bald vorbei.

Hinter Steffens launig vorgetragenen Sätzen zum künftigen Zusammenleben mit Partner Paul steckt jedoch mehr. Auch nach den Olympia-Enttäuschungen dominiert das Duo den deutschen Schwimmsport, die Entscheidung für eine gemeinsame Wohnung bekam auch eine politische Dimension. Dass selbst der Verband davon erst durch die Pressemitteilung des gemeinsamen Managements erfuhr, passt zwar in die stets ausbaufähige Kommunikation im deutschen Schwimmsport. Steffens damit verbundener Wechsel zu Biedermann-Trainer Frank Embacher aber verschob die Machtverhältnisse im DSV.

Der 48-Jährige ließ am Rande des Weltcups - eher wohlkalkuliert - die Muskeln spielen und liebäugelte öffentlich mit einem Wechsel samt Athleten ins Ausland. Plötzlich hatte es der Verband mit einem Gespräch dann doch eilig und Präsidentin Christa Thiel vermochte die Wogen über die ausstehenden Vertragsverlängerungen etwas zu glätten.

Embacher hat Erfahrung, ein Paar zu trainieren. Sein Sohn Toni war lange mit der Lagenspezialistin Theresa Michalak zusammen. Das sei auch eine „schwierige Sache“, aber er sieht darin auch „eine große Chance. Paul hat noch lange zu kämpfen gehabt mit Ergebnis aus London“. Steffens Wechsel nach Halle sei für Biedermann „ein Wachrütteln, nachdem er bis dahin nicht viel trainiert hat“. Embacher hofft, dass sein Schüler „wieder lockerer wird. Er war das letzte Jahr konzentriert, aber auch verkrampft. Das muss wieder raus. Er muss Spaß an der Sache haben.“

Embacher wie Steffen bemühten sich zu betonen, dass der Wechsel harmonisch zustande gekommen sei. „Es ist keine feindliche Übernahme. Norbert Warnatzsch hat mir ohne Diskussion seine komplette Dokumentation in die Hand gedrückt“, sagte Embacher, fühlt aber mit dem Kollegen: „Ich kann mir schon vorstellen, dass er frustriert ist.“ Warnatzsch, dessen Trainingsgruppe sich nach seinem Rücktritt vom Rücktritt nun nahezu komplett aufgelöst hat, fehlte beim Heim-Weltcup. Der 65-Jährige wollte sich nicht äußern.

Auskunftsfreudig plauderte Britta Steffen über ihr Hauptmotiv für den Wechsel von der Spree an die Saale: „Richtung Zukunft möchte ich schon irgendwann Familie haben, um das auszuprobieren, dann sollte man dahin gehen, wo man sich das vorstellen kann.“ Die nicht immer in ihrer Persönlichkeit gefestigte Steffen gab zu: „Irgendwie sehne ich mich schon nach Sicherheit und nach einem Umfeld, was hundertprozentig stimmt.“

Nach Beendigung ihres Wirtschaftsingenieur-Studiums will sie das Leben nur für den Sport genießen. „Toll, du kannst leben, was du willst, hast keine Abgabetermine, keinen Stress, es ist superentspannt. Ich mache hier meine Aufgabe. So fühlt sich wohl ein Leistungssportler, das ist schön.“

Ihr Partner und Profi-Kollege, in dessen Vita als Beruf immer noch „Praktikant der Wasserwerke Halle“ angegeben ist, konnte mit Blick auf die vielen Baustellen im DSV einen verbandspolitischen Seitenhieb nicht verkneifen. Dem zum 1. Dezember gesuchten neuen Bundestrainer gab er schon mal auf den Weg: „Der wird Arbeit ohne Ende haben und ich wünsche ihm starke Nerven.“

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