Ecclestones Konter: Angriff auf Belastungszeugen

München (dpa) - In einem spektakulären Schmiergeldprozess will Bernie Ecclestone mit neuen Unschuldsbeweisen seine Zukunft als Formel-1-Chef retten. Zum Auftakt in München schlug der 83-Jährige einen forschen Verteidigungskurs ein.

Ecclestones Konter: Angriff auf Belastungszeugen
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Er unterstrich seine Version von einer Erpressung.

Zudem versuchte er, die Glaubwürdigkeit des Hauptbelastungszeugen Gerhard Gribkowsky zu erschüttern und schilderte sein damaliges Handeln faktisch als alternativlos. Er habe sein „Lebenswerk in Gefahr“ gesehen und deshalb Millionen an den damaligen BayernLB-Vorstand gezahlt.

Bernie Ecclestone: Gewiefter Geschäftsmann vor Gericht
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Die Staatsanwaltschaft dagegen wirft dem Sport-Manager vor, den Spitzenbanker mit 44 Millionen Dollar bestochen zu haben. Damit habe Ecclestone den Verkauf der Formel-1-Mehrheit in seinem Sinne beeinflussen und seine Machtposition absichern wollen.

Ecclestone bekräftigte in seiner umfangreichen Erklärung noch einmal, dass er fürchtete, Gribkowsky hätte ihn seinerzeit bei den britischen Steuerbehörden anzeigen können: „Ich war zum ersten Mal in einem Leben einem Vorgang ausgesetzt, den ich nicht einschätzen konnte.“ Deshalb habe er das Geld an Gribkowsky gezahlt, zur Hälfte über Vertraute. Er habe dies nicht getan, um seinen Posten an der Spitze der Motorsport-Königsklasse zu sichern.

Seine Darstellung der Ereignisse ließ Ecclestone von seinen Verteidigern mehr als drei Stunden lang vortragen. In der Erklärung widersprach Ecclestone allen Vorwürfen der Staatsanwaltschaft. Zudem betonten seine Rechtsvertreter: „Die behauptete Bestechung gab es nicht. Die Anklagevorwürfe beruhen auf Erklärungen von Herrn Dr. Gribkowsky, die unzutreffend, irreführend und unschlüssig sind.“

Der zunächst eher sentimentale Vortrag, angefangen bei Ecclestones Kindheit und den Bomben im Zweiten Weltkrieg, sollte letztlich vor allem Gribkowsky und dessen Glaubwürdigkeit infrage stellen. Weil der Banker beim Verkauf der Formel 1 vor acht Jahren von der BayernLB an das Investmentunternehmen CVC die Millionen von Ecclestone kassiert hatte, wurde er wegen Bestechlichkeit zu achteinhalb Jahren Haft verurteilt. Gribkowsky wird in dem Prozess gegen Ecclestone noch als Zeuge aussagen. Das Verfahren ist zunächst für insgesamt 26 Tage terminiert und wird am 2. Mai fortgesetzt.

Ecclestone fühlte sich damals angeblich von dem Deutschen unter Druck gesetzt. Eine Anzeige bei den Steuerbehörden „hätte mich mehr als zwei Milliarden Pfund kosten können“, rechnete er vor. „Es hätte damals meine finanziellen Möglichkeiten überschritten.“ Der mittlerweile 83-Jährige, der in der Formel 1 als Alleinherrscher gilt, meinte: „Ich war geprägt von der Wehrlosigkeit.“ Und: „Mir war klar, dass er (Gribkowsky) auf jeden Fall Geld haben wollte.“

Die Staatsanwaltschaft unterstellte Ecclestone indes in ihren 24-seitigen Ausführungen, dass er mit dem Geld für Gribkowsky seine Macht bewahren wollte. Die seinerzeit beteiligten Banken BayernLB, JP Morgen und Lehman seien für Ecclestone „von Beginn an ein Störfaktor“ gewesen. Er sei auch sehr darum bemüht gewesen, nicht offenzulegen, wie die Formel 1 ihre „Einnahmen generiert“.

Ecclestone nahm die Vorwürfe ohne große Regung zur Kenntnis. Nach seiner Ankunft am Justizgebäude wirkte er zunächst angespannt. Auf dem Weg in den Gerichtssaal sagte er dann auf die Frage nach Stimmungslage: „Ich bin zuversichtlich. Die Sonne scheint.“

Schnell wurde klar, mit welcher Strategie die Ecclestone-Verteidigung den Prozess gewinnen will. „Herr Gribkowsky wollte Mr. Formel 1 sein und mich los werden“, wiederholte Ecclestone noch einmal eine alte Aussage aus dem Prozess gegen Gribkowsky. Dort hatte Ecclestone als Zeuge ausgesagt. Außerdem widersprach Ecclestone der Darstellung der Staatsanwaltschaft: Er habe nicht gewusst, dass Gribkowsky als Landesbank-Vorstand ein öffentlicher Amtsträger war.

In einem weiteren Punkt begegnete Ecclestone der weitläufigen Annahme, dass er vor dem Verkauf der Motorsport-Königsklasse 2006 noch Teilhaber gewesen sei und damit eine Kontrolle gehabt hätte. „Dies war zu keinem Zeitpunkt der Fall“, sagte er. Er habe sämtliche Vermögenswerte 1997 als Schenkung an eine Gesellschaft seiner damaligen Frau und zum Wohl seiner beiden Töchter übertragen. Etwa um 1996 hätten ihn gesundheitliche Sorgen geplagt, er habe sich einer Reihe Operationen unterziehen müssen, bis er 1998 einen dreifachen Bypass bekommen habe.

Wäre er gestorben, hätte seine damalige Gattin 40 Prozent Erbschaftssteuer auf sein Vermögen zahlen müssen, sagte Ecclestone. Slavica Ecclestone habe als gebürtige Kroatin noch nicht lange genug ihren Wohnsitz in England gehabt, um dies zum umgehen. Durch die Schenkung besaß er nach eigener Darstellung keine Anteile mehr an der Formel 1. Er habe lediglich in der Formel 1 das operative Geschäft geführt und nicht einwirken können auf den familieneigenen Bambino Trust, an dem nach der Pleite der Mediengruppe Kirch eben jene drei Banken Anteile hatten.

Laut den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft habe Ecclestone dagegen die „unbequeme BayernLB durch einen neuen Anteilseigner“ austauschen wollen, um die vereinbarten Mitbestimmungs- und Kontrollregelungen nicht mehr mit der Landesbank umsetzen zu müssen. Kaufinteressent CVC hätte wiederum von Beginn an klar gemacht, dass Ecclestone auch bei einer Übernahme Geschäftsführer bleibe. Das ist er bis heute.

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