Cortese: „Ich hole mir die Ruhe aus dem Glauben“

Sepang (dpa) - Sandro Cortese ist seit Sonntag erster Motorrad-Weltmeister in der Moto3-Geschichte. Im dpa-Interview spricht er über die Anfänge seiner Karriere, das Tagesgeschäft und über sich als Privatperson.

Herr Cortese, Sie sind erster Weltmeister der neuen Moto3-Klasse. Wie war die erste Nacht als Champion?

Sandro Cortese: „Och, ganz gut. Ich habe sogar etwas geschlafen. Wir waren mit dem Team zuvor in Kuala Lumpur feiern. Das war die beste Party, die ich jemals mitgemacht habe. Alle waren gelöst und locker. Gegen 04.00 Uhr bin ich dann ins Bett.“

Werden Sie die letzten beiden Saisonrennen ruhiger angehen lassen?

Cortese: „Ich fahre voll auf Sieg. Schließlich will ich mich als würdiger Weltmeister aus der Moto3 verabschieden.“

Acht Jahre mussten Sie in der WM fahren, ehe der große Erfolg gelang. Können Sie sich noch an Ihre Anfänge erinnern?

Cortese: „Mit dem Motorradsport hat es bei mir schon ganz zeitig angefangen. Von Papa bekam ich eine Cross-Maschine, da war ich noch keine drei Jahre. Später ging es dann auf die Straße, erst Pocket Bike, dann Mini Bike, Internationale Deutsche Motorradmeisterschaft und schließlich in die Straßen-WM. Da war ich gerade 14.“

Ihr Vater ist also ihr Förderer und Entdecker?

Cortese: „Papa war schon immer Motorrad-Fan. Er hat es gern gesehen, dass ich fahre. Er hat mich nie zu etwas gedrängt, aber immer an mich geglaubt. Und er hat viel Geld in mich gesteckt. Denn bis zum WM-Einstieg hat er alles bezahlt, danach kamen dann die Sponsoren.“

Was macht Ihr Vater beruflich?

Cortese: „Er hat eine kleine Metallbaufirma mit fünf Angestellten. Mama arbeitet dort auch mit.“

Wenn Sie sich beschreiben müssen: Was sind Ihre Stärken und Ihre Schwächen?

Cortese: „Ich bin ein ruhiger, sachlicher, konzentrierter Mensch, so gebe ich mich auch auf dem Motorrad. Also kein Draufgänger oder Partytyp.“

Und was würden Sie an sich ändern, wenn Sie könnten?

Cortese: „Momentan nichts. Ich mag mich so, wie ich bin.“

Sind Sie gläubig?

Cortese: „Ja, aber nicht fanatisch. Ich hole mir aus meinem Glauben die Ruhe und Kraft, die ich ausstrahle. Dazu gehe ich oft in mich.“

Wie sieht ein normaler Tag im Leben eines Motorrad-Weltmeisters aus?

Cortese: „Ich stehe meist gegen 8.00 Uhr auf. Dann geht es von 9.00 bis 12.00 Uhr zum Training. Nach der Mittagspause ist bis zum frühen Abend wieder Training im Fitnessstudio oder auf dem Fahrrad angesagt. Im Grunde ein Arbeitstag, wie ihn alle anderen auch haben, nur speziell auf Motorradfahren ausgerichtet.“

Sie hatten stets viele Kritiker. Ist die Zahl der Freunde mit den Erfolgen gestiegen?

Cortese: „Nein, ich kann genau einschätzen, wer ein wirklicher Freund und wer nur Schulterklopfer ist. Die Freunde, die ich habe, sind Kumpels von der Kindheit an. Mit denen ziehe ich wie jeder andere junge Mann auch mal um die Häuser, gehe Tennisspielen oder höre mit ihnen Musik. Ich bin nach wie vor großer Fan von Michael Jackson, höre aber auch die gesamte Breite der modernen Musik.“

Wie gehen Sie mit Kritik um?

Cortese: „Angebrachte Kritik nehme ich mir zu Herzen. Und mit Kritikern, die einfach wegen des Redenwollens etwas anbringen, gehe ich ganz normal um. Ich verteufle sie nicht, nehme sie aber auch nicht sehr ernst.“

Motorradrennsport ist ein sehr teures Pflaster. Können Sie von dem Sport leben?

Cortese: „Reich bin ich davon nicht geworden. Sieben Jahre musste ich mich in WM-Teams einkaufen. Das Geld kam von Sponsoren, übrig blieb nicht viel. Im KTM-Werkteam habe ich in diesem Jahr erstmals gut verdient, auch dank der Erfolge. Ich kann davon leben, weil ich nicht viel brauche. Mir geht es daheim bei den Eltern ganz gut.“

Was ist ihr Lieblingsurlaubsland?

Cortese: „Ganz klar Italien. Und da brauche ich nur Strand. Ich bin jedes Jahr bei meiner Oma in Kalabrien, das ist klasse.“

Kennen Sie das Gefühl der Angst?

Cortese: „Nein, Angst habe ich nicht. Ich habe viel Respekt vor der Geschwindigkeit. Aber Angst darf man im Rennen nicht haben, da könnte man keine Leistung bringen.“

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