Vettel will historischen WM-Hattrick

Sao Paulo (dpa) - Sebastian Vettel will seine historische Mission vollenden und sich auch von Dramen und Tragödien am finalträchtigen Schauplatz nicht beirren lassen. Auf kaum einem anderen Kurs wie dem Autodromo Carlos Pace spielten sich verrücktere Entscheidungen um die WM-Krone ab.

Aber Vettel hat gute Erinnerungen: 2010 machte er mit seinem bislang einzigen Sieg beim Großen Preis von Brasilien einen Riesenschritt zu seinem ersten Weltmeister-Titel. An diesem Sonntag soll es sein dritter nacheinander und der nächste Red-Bull-Coup nach dem Konstrukteurs-Triumph am vergangenen Sonntag werden: „Ich hoffe, dass wir in Brasilien gleich mit dem Feiern weitermachen können.“

Doch Vettel ist mehr als gewarnt: Er wisse, „dass wir das nicht auf die leichte Schulter nehmen dürfen“. Denn der Hesse, dem ein vierter Platz reicht, egal, ob Verfolger Fernando Alonso den 20. Saisonlauf gewinnt, wäre nicht der erste, der einen dicken Vorsprung auf dem 4,309 Kilometer langen Kurs in Sao Paulo verzockt. Vor fünf Jahren machte Kimi Räikkönen dort einen sieben Punkte-Rückstand wett - damals gab es für einen Sieg zehn statt wie heute 25 Punkte. Sein Wagen: Ein Ferrari.

Spätestens, wenn es nass wird in Sao Paulo, droht ein chaotisches Rennen mit Drehern und Wendungen. Nicht zuletzt deshalb beschwor Vettel-Jäger Alonso bereits via Facebook: „Warten auf den Regen.“

Nur er kann den Hattrick von Vettel, der bislang nur Juan Manuel Fangio und Michael Schumacher vergönnt war, noch verhindern. Allerdings müsste dann bei dem 25 Jahre alten Heppenheimer am Sonntag (17.00 Uhr/RTL und Sky) viel schieflaufen. Alonso muss hingegen auf jeden Fall mindestens Dritter werden, sonst wartet er weiter auf den ersten Titel nach seinen beiden WM-Triumphen 2005 und 2006 mit Renault. „Wir bewegen uns auf einem schmalen Grat“, betonte Alonso, der sich vor dem ultimativen Kräftemessen der in diesem Jahr besten Piloten noch ein wenig Ablenkung in New York gönnte.

Während Vettel am Dienstag von Austin nach Sao Paulo reiste, konnte Alonso schon mal schauen, wie seine Aktien stehen. Er durfte an der New Börse per Kopfdruck den Schlusspunkt setzen. „Unglaubliches Gefühl“, twitterte er nach dem Sponsoren-Termin an der Wall Street. „300 Millionen Menschen haben es am Fernsehen verfolgt...upps!!“, schrieb der 31-Jährige.

Auch am Wochenende werden alle Augen auf das Duell zwischen Vettel und Alonso gerichtet sei, selbst wenn Rekordweltmeister Schumacher der Formel 1 endgültig „Auf Wiedersehen“ sagen wird. Den Abschied würde Kumpel Vettel ihm mit einem weiteren Triumph sicher versüßen.

Der Spitzenreiter hat nach 19 Rennen, von denen Vettel fünf und Alonso drei gewann, satte 13 Zähler mehr Alonso. Selbst wenn Alonso bei seinem elften Auftritt auf dem brasilianischen Berg-und-Tal-Kurs erstmals gewinnen sollte, würde seinem deutschen Widersacher ein vierter Platz für die WM reichen. Bei Punktgleichheit würde die größere Zahl an Saisonsiegen für Vettel sprechen.

Auf Rechenspielchen will sich Vettel aber gar nicht einlassen. Die Devise: Attacke. „Wir wollen in Brasilien gewinnen“, versicherte der Hesse. „Sollte das nicht klappen, will ich Zweiter werden. Sollte das nicht klappen, versuche ich, Platz drei zu holen, und so weiter...“

Vieles spricht dafür, dass Red Bull eine Woche nach dem Team- auch den Fahrer-Titel feiern kann und der Caipirinha in Strömen fließen wird. Seit seinem technisch bedingten Nuller von Monza am 9. September stand Vettel immer auf dem Treppchen: Vier Siegen in Serie folgten ein dritter Platz in Abu Dhabi und zuletzt Rang zwei in Austin. Alonso gewann letztmals im Juli in Hockenheim. Danach wandelte sich sein Vorsprung von 44 Punkten in einen Rückstand auf jetzt 13 Zähler.

Auch die Brasilien-Bilanz der beiden Konkurrenten spricht für Vettel: Ein Sieg, ein zweiter und zwei vierte Plätze bei nur einem Ausfall - und der 2007 mit Toro Rosso. Dem stehen zwei zweite, vier dritte und zwei vierte Plätze sowie zwei Ausfälle Alonsos mit vier verschiedenen Teams gegenüber. Zudem entpuppte sich Sao Paulo als Red-Bull-Piste: Mark Webber (2009 und 2011) und Vettel (2010) teilten sich hier in den zurückliegenden drei Jahren die Siege.

Dennoch: Taktik-Fehler oder technische Defekt wie zuletzt an Webbers Wagen könnten Alonso den Weg freimachen. Oder aber, wenn das Wetter verrückt spielt. Ein sintflutartiger Regenguss führte schon 2008 zur dramatischen WM-Entscheidung beim Saisonfinale, als sich Lokalmatador und Sieger Felipe Massa im Ferrari für Sekundenbruchteile als Champion fühlen durfte, letztlich aber McLaren-Mann Lewis Hamilton triumphierte.

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