Mutige El Moutawakel: IOC-Präsidentin - „Warum nicht?“

Rio de Janeiro (dpa) - Angst vor großen Herausforderungen kennt Nawal El Moutawakel nicht. Die marokkanische IOC-Vizepräsidentin spielt sogar mit dem Gedanken, für das wichtigste Amt im Weltsport zu kandidieren.

Im nächsten Jahr wird sie sich möglicherweise um die Nachfolge des dann scheidenden IOC-Präsidenten Jacques Rogge bewerben. „Warum nicht? Unsere Verfassung ist offen. Ich habe es noch nicht entschieden. Es gibt eine lange Liste von Anwärtern, aber es könnte sein. Warum nicht?“, sagte die 400-Meter-Hürden-Olympiasiegerin von 1984 der Nachrichtenagentur dpa in Rio de Janeiro.

Eine eindeutige Absichtserklärung hat bisher noch keiner der gehandelten Kandidaten öffentlich abgegeben - auch der deutsche IOC-Vize Thomas Bach nicht, der seine Ambitionen stets mehr oder weniger geschickt kaschiert. Der Wirtschaftsanwalt aus Tauberbischofsheim ist als Mitglied der IOC-Exekutive, als Vorsitzender der Juristischen Kommission und in einer Reihe anderer Gremien ein unentbehrlicher Zuarbeiter für Rogge. Keiner will sich zu früh aus der Deckung wagen, positioniert haben sich alle jedoch längst.

Der Asiate Ser Miang Ng, wie Bach IOC-Regierungsmitglied, hat vor einigen Monaten gesagt, er denke über eine Bewerbung nach. Der Banker Richard Carrion, als Vorsitzender der Finanzkommission und Geldbeschaffer neben Rogge einer der wichtigsten Männer im Internationalen Olympischen Komitee (IOC), wählte ähnliche Worte. „Ich habe viel darüber nachgedacht“, erklärte der Puerto Ricaner am Rande der London-Spiele. „Wir haben bis Juni Zeit, die Kandidatur bekanntzugeben.“ Anfang September 2013 wählt die IOC-Vollversammlung in Buenos Aires den neuen IOC-Boss - oder erstmals eine IOC-Präsidentin.

El Moutawakel hatte es in der Heimat bis zur Sportministerin gebracht. Rogge schätzt sie so sehr, dass er die 50-Jährige mit dem Vorsitz der Koordinierungskommission für die Spiele 2016 beauftragt hat. Gian-Franco Kasper, der mächtige Präsident des Internationalen Skiverbandes (FIS), hatte bereits vor längerer Zeit vermutet: „Ich habe das Gefühl, dass Rogge ein weiteres Vermächtnis hinterlassen will. Ich kann mir vorstellen, dass sie als Afrikanerin, als erste Goldmedaillengewinnerin ihres Kontinents und als Muslimin einen solchen Symbolwert hätte.“

Die marokkanische Vorzeigefrau ließ in Rio anklingen, was ihr Wahlkampfthema sein könnte: Die Gleichberechtigung in der Sport-und Verbandswelt. „Jemand sagte schon, die Zukunft des Sports ist weiblich, und ich glaube das.“ Es gebe keinen Fortschritt ohne umfassende Einbindung. „Wir wollen eine komplette Integration in der Verwaltung. Frauen sind in allen Tätigkeitsfeldern präsent. Warum können sie im Sport keine Anführer sein?“, fragte sie vieldeutig.

El Moutawakel verwies auf bereits erzielte Fortschritte und erinnerte an die Spiele in London: „Zum ersten Mal waren Frauen in allen 26 Disziplinen vertreten. Das Frauen-Boxen war ein großer Erfolg und die Arena an allen Tagen fast voll besetzt. Ebenfalls zum ersten Mal zählten (in London) 35 Delegationen der 204 teilnehmenden Länder mehr Frauen als Männer, darunter Deutschland und die USA.“

Auch in internationalen und nationalen Verbänden und im IOC seien heute mehr Frauen in Führungspositionen. Im IOC-Exekutivkomitee sind inzwischen drei Frauen vertreten, so viele wie nie zuvor. Zum großen Teil seien diese Fortschritte den Anstrengungen des amtierenden Präsidenten Rogge zu verdanken. Und der Belgier wird nicht müde, die Qualitäten El Moutawakels bei jeder sich bietenden Gelegenheit zu erwähnen.

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