Österreichs Schleudersitz

Trainer Constantini bangt nach den letzten Niederlagen um seinen Job.

Wien. Dietmar Constantini ist ein Mann ohne große Illusionen. „Wer in diesem Job nicht gewinnt, wird schnell ausgewechselt“, sagt der Trainer der Fußball-Nationalmannschaft Österreichs. In Deutschland hat er kurzzeitig beim FSV Mainz 05 gearbeitet, seit 2009 ist er Bundestrainer Austrias. Seinem Kontrahenten Joachim Löw spricht Constantini ein großes Lob aus. „Aber ich beneide ihn nicht, er hat im Jahr der Weltmeisterschaft auch viel Glück gehabt. Wäre er nach der Niederlage gegen Serbien in Südafrika gegen Ghana in der Vorrunde ausgeschieden, hätte er in den Zeitungen wahrscheinlich lesen müssen, dass er alles falsch gemacht hat.“ Und niemand hätte mehr davon geredet, was Löw alles richtig gemacht hat.

Constantini fühlte sich in Wien ein wenig so, als habe er zuletzt nicht mehr soviel richtig gemacht. Gegen Belgien und gegen die Türkei hat Österreich verloren, die Qualifikation für die Fußball-Europameisterschaft 2012 in Polen und der Ukraine ist eigentlich nicht mehr zu schaffen. „In der deutschen Bundesliga hat es in dieser Saison zwölf Trainer erwischt, auch bei Chelsea und Juventus“, sagt Constantini. „Irgendwann kommt auch einer zu mir und sagt: Constantini, das war’s.“ Könnte gut sein, dass es Leo Windtner sein wird, der das sagt. Windtner ist Präsident des Fußball-Verbandes Österreichs.

Joachim Löw weiß, wie das ist. Mit Austria Wien war er in Österreich einmal Spitzenreiter der Bundesliga, die man in Deutschland nur Operetten-Liga nennt, aber der millionenschwere Präsident Frank Stronach warf ihn trotzdem aus dem Job. Überhaupt sind die Spiele gegen Österreich für Löw immer besondere. Als Österreichs Trainer noch Josef Hickersberger hieß und Deutschland bei der Europameisterschaft 2008 nach einem Tor von Michael Ballack mit 1:0 gewann, wurden beide Trainer auf die Tribüne geschickt. Es war die bisher einzige Rote Karte gegen Löw. Als er dann in Wien auch noch das Finale gegen Spanien verlor, sprach der Bundestrainer den legendären Satz: „Nach Wien komme ich nur noch zum Heurigen.“

Man sieht sich im Leben immer mindestens zweimal. Und Löw gab sich in Wien gewarnt vor dem Gegner. „Angeschlagene Boxer sind immer besonders gefährlich“, sprach Löw vor dem Qualifikationsspiel im Ernst-Happel-Stadion, das mit 50 000 Menschen seit Wochen ausverkauft ist. „Die Motivation kann für Österreich nicht größer sein als gegen Deutschland. Die Österreicher sind wegen ihrer hohen Anzahl an Legionären so gut wie seit vielen Jahren nicht.“ Grundsätzlich, sagt Löw, haben „sich beide Mannschaften seit unserem 1:0 bei der Euro 2008 weiterentwickelt. Und die Österreicher waren damals nicht so gut, wie sie aktuell sind“.

Von der Favoritenposition wollte Löw vor dem Spiel Freitagabend deshalb auch nichts wissen. Und dass einige Zeitungen in Österreich von einem „Hass-Duell“ schrieben, davon wollte Löw erst recht nichts wissen. „Das geht zu weit“, sagte Löw entschieden. Der Bundestrainer setzt gerade vor Spielen gegen Österreich immer auf die Dominanz seiner Mannschaft. Und selbst Ex-Nationalheld Herbert „Schneckerl“ Prohaska, der sich selbst immer gerne als „chronischen Optimisten“ bezeichnet, wenn es um die Nationalmannschaft geht, gab sich vor dem Anpfiff pessimistisch. „Ich habe das Gefühl, dass die Nationalmannschaft für einige nur noch Nebensache ist. Das war bei uns anders“, sagte Prohaska im Gespräch mit unserer Zeitung.

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