Panini: Aufreißen, abziehen, kleben
Panini ist der Kult des Fußball-Fans. Aber zur neuen Saison gibt es keine Klebebilder mehr.
Düsseldorf. Die Rostocker Fußballer Mike Werner und Gernot Alms wären eigentlich längst vergessen. Anfang der 90er Jahre stürmten die beiden nach der Wende mit Hansa Rostock die Fußball-Bundesliga. Das Ganze war wenig erfolgreich, aber visuell aufregend und von bleibendem Wert: Werner und Alms trugen die großartigste Vokuhila (Vorne kurz, hinten lang)-Frisuren aller Bundesliga-Profis. Und zu ihrem Leidwesen ist das vielfach festgehalten.
Im Panini-Album, auf kleinen Klebebildchen, die Fußball-Fans zu Hunderttausenden gesammelt, eingeklebt und im Schrank als edles Sammlerstück gehortet haben. Und nun werden sie immer mal wieder hervorgeholt, die Sünden der Vergangenheit. Umwerfende Stücke, Saison für Saison: Schnauzbärte und Afro-Looks, fiese Scheitel und erstaunliche Dauerwellen, Moden und Trends.
Je älter, desto wertvoller und unterhaltsamer wird so ein Panini-Heft. Wer einmal den blassen Rudi Völler mit schmalem Oberlippenbart 1982 im Trikot von 1860 München gesehen oder den heutigen Bochumer Sportdirektor Thomas Ernst als schüchternen Ersatztorwart mit roten Bäckchen eingeklebt hat, der weiß, warum die deutschen Fußball-Fans vor der anstehenden Saison Trauer tragen.
Denn: Die Deutsche Fußball Liga (DFL) hat der deutschen Niederlassung des italienischen Panini-Konzerns in Nettetal die Lizenz zum Drucken der Fußball-Alben entzogen. Panini hat die Rechte vorerst bis 2012 an den amerikanischen Konkurrenten Topps verloren. Der brachte bislang schnöde Fußball-Karten heraus. Ein Hohn für den Fußball-Romantiker.
Aufreißen, abziehen, einkleben, das war so einfach wie reizvoll. Erst war das Album, dann die Tütchen - und wenn zum 28. Mal Uerdingens Friedhelm Funkel, aber nie Bayerns Karl-Heinz Rummenigge die Tüte verließ, durfte man sich schwarz ärgern. Oder tauschen. 27 Funkel gegen einen Rummenigge - oder so ähnlich.
Bis heute streiten sich die Sammler, ob bestimmte Spieler seltener als andere vom Band in die Tütchen sortiert wurden. Bei Panini leugnen sie das: Funkel oder Rummenigge - alles reiner Zufall. Glauben darf man das nicht, aber darum geht es ja gerade: Das Ganze ist eine reine Glaubensfrage, und die nach der verhältnismäßigen Häufigkeit der einzelnen Spieler gehört zum Mythos Panini.
Und jetzt? Darf man durchatmen. Zumindest wenn alle Alben gefüllt sind. Wenn nicht, dann bot Panini der drohenden Geringschätzung im Sammlerkreis Abhilfe und offerierte einen Bestellservice, bei dem fehlende Bildchen nachzuordern waren. Unter Sammlern eine Todsünde in Reinform.
Licht am Horizont: Panini hält die Rechte an den nächsten zwei Fußball-Weltmeisterschaften. Das verspricht immerhin ein Sammelfeld mit exotischen Frisuren. Auch wenn es einen wie Mike Werner auf der ganzen Welt kein zweites Mal geben wird.
