Radsport/Doping: Patrik Sinkewitz gesteht

Der Verzicht auf die Öffnung der B-Probe läutete die Wahrheit über die Doping-Sünde des Radprofis ein.

Düsseldorf. Der vom T-Mobile-Team entlassene Patrik Sinkewitz hat sein Dopingvergehen offiziell gestanden. "Ich will für mein Fehlverhalten einstehen und die sich für mich daraus ergebenden Folgen tragen", heißt es in einer von Sinkewitz’ Anwalt Michael Lehner veröffentlichten Stellungnahme gestern: "Ich will nicht taktieren, sondern zur Wahrheit zurückfinden."

In seinem Geständnis gibt sich Sinkewitz als reuiger Sünder. Es sei ein großer Fehler und dem Team, den Kollegen, dem Sponsor und dem gesamten Radsport gegenüber verantwortungslos gewesen, das Testogel anzuwenden: "Ich hätte meine Leistung auch ohne schaffen können, und ich habe das gemacht, was das T-Mobile Team mit seinem erheblichen Engagement als Vorbild für andere verhindern wollte. Ich bedauere dies zutiefst."

Zuvor hatte Sinkewitz auf die Öffnung seiner B-Probe und somit auf die Gegenanalyse seiner positiven A-Probe vom 8. Juni 2007 verzichtet und war daraufhin vom T-Mobile-Team mit sofortiger Wirkung entlassen worden. "Wir haben damit die Konsequenzen gezogen", sagte Sportdirektor Rolf Aldag auf der Homepage des Teams.

Der 26-jährige Sinkewitz war beim Pyrenäen-Training des T-Mobile-Teams am 8. Juni bei einer unangemeldeten Kontrolle mit einem extrem überhöhten Testosteron-Wert aufgefallen und daraufhin bereits vor zwei Wochen von T-Mobile suspendiert worden. In der A-Probe soll der Testosteron-Epitestosteron-Wert bei 24:1 gelegen haben. Erlaubt ist ein Wert von 4:1.

Sinkewitz erklärte in seiner Stellungnahme, wie es zu dem positiven Befund kommen konnte. Er habe sich "Testogel besorgt, das von der Firma Jenapharm als Mittel zum Ausgleich von Testosterondefiziten angeboten wird". Das Gel werde auf die Haut aufgetragen und so vom Körper aufgenommen, um bei harten Trainingseinheiten einer besseren Erholung zu dienen. "Ohne nachzudenken bzw. schlichtweg in großer Dummheit" hatte sich Sinkewitz im Trainingslager in Frankreich "heimlich Testogel auf den Oberarm aufgetragen. Dies tat ich instinktiv und ohne an die möglichen Folgen zu denken."

Die sind für den 26-Jährigen erheblich. Sinkewitz droht neben der Kündigung durch T-Mobile und einer zweijährigen Sperre laut Aldag die Rückzahlung seines kompletten Jahressalärs von rund 500 000 Euro. Dazu hatten sich alle Fahrer vor der Tour in einer Ehrenerklärung verpflichtet. Auch einen seiner persönlichen Sponsoren hat Sinkewitz verloren. Ein Mineralwasser-Produzent hat seinen Vertrag gekündigt, zudem prüft die Firma Schadenersatzforderungen.

Aldag setzt nun auf eine "vollständige und umfassende Aufklärung" und erwartet eine "enge Zusammenarbeit" von Sinkewitz mit dem Bund Deutscher Radfahrer (BDR): "Patrik muss alles auf den Tisch legen, was dazu beiträgt, Licht ins Dunkel zu bringen." Sinkewitz hat das bereits angekündigt: "Ich werde dem Bund Deutscher Radfahrer und der dort initiierten Unabhängigen Kommission zur Verfügung stehen." Sein Geständnis solle ein erster Schritt zur Wiedergutmachung sein: "Ich hoffe und möchte dafür alles tun, damit tatsächlich ein neuer Radsport ohne Doping mit all seiner sportlichen Faszination sich verwirklichen kann."


Von Stephan Esser

Patrik Sinkewitz’ erster Schritt zur Wiedergutmachung kommt spät. Reflexartig, wie viele vor ihm, hatte er nach seiner positiven A-Probe getönt: "Ich? Wieso ich? Das kann nicht sein." Doch, Sinkewitz dopte und scheint damit seinen vor Wochen geständigen Kollege Jaksche zu bestätigen. Das Doping-System ist gerecht, weil alle dopen, hatte er gesagt. Die Welt des Radsports ist eine eigene, in der kein Unrechtsbewusstsein empfunden wird. So wird ihr und den Profis zusehends die Unschuldsvermutung entzogen.

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