BDR nach Dopingvorwürfen unter Druck - „Andere Qualität“

Berlin (dpa) - Für den Bund Deutscher Radfahrer gehört das dunkle Kapitel der Vergangenheit an, doch die Rufe nach Aufklärung werden lauter.

BDR nach Dopingvorwürfen unter Druck - „Andere Qualität“
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„Das hat schon eine andere Qualität“, sagte die frühere BDR-Präsidentin Sylvia Schenk der Deutschen Presse-Agentur mit Blick auf die gravierenden Vorwürfe durch die Evaluierungskommission Sportmedizin Freiburg. Das Gremium hatte in seinem Untersuchungsbericht davon geschrieben, dass im BDR zwischen 1975 und etwa 1980 - vom Verband finanziert - nahezu flächendeckend mit anabolen Steroiden gedopt worden war. Sogar Minderjährige könnten Dopingmittel erhalten haben.

Bereits 2013 war der BDR mit ähnlichen Vorwürfen konfrontiert worden. Damals wie heute habe man zu den Vorgängen aber keine Informationen, teilte der Verband mit und verwies lieber auf den heutigen Anti-Doping-Kampf. Auch Protagonisten aus der damaligen Zeit äußern sich zu der unliebsamen Thematik lieber nicht. „Ich habe überhaupt nichts mitbekommen“, sagte auf dpa-Anfrage etwa Peter Weibel, der in den 70er Jahren einige Erfolge für den BDR eingefahren hatte und später gut 25 Jahre lang als Bundestrainer fungierte.

Überrascht zeigte sich der frühere deutsche Radstar Dietrich Thurau. „Davon weiß ich nichts. Als ich 1974 bei den Amateuren die WM in Montreal gefahren bin, war es kein Thema. Da sind wir nur mit Wasser gefahren“, sagte Thurau, der in seiner Karriere selbst wegen Dopingverstößen aufgeflogen war. 1977 und 1979 belegte er bei der Straßenrad-WM jeweils den zweiten Platz. Damals habe er als Profi aber kaum mehr Berührungspunkte mit dem BDR gehabt. „Wir sind im Prinzip mit unseren Teams angereist und haben nur in den Unterkünften des BDR geschlafen.“

Schenk ist ob der Vorwürfe weniger verwundert. Auch während ihrer Zeit als BDR-Chefin von 2001 bis 2004 habe sie eine gewisse Mentalität vorgefunden. „Ich habe lange Zeit den Eindruck gehabt: Entweder ist da nichts, oder es wird vor mir verborgen gehalten. Als ich etwas Greifbares hatte und es nicht mehr zu leugnen war, hat man mich auflaufen lassen, und dann war ich weg“, sagte Schenk und sprach den Fall Christian Lademann an. Bei dem Bahnradfahrer waren vor den Olympischen Spielen 2004 auffällige Blutwerte festgestellt worden, trotzdem wurde Lademann von BDR-Sportdirektor Burckhard Bremer nominiert. Schenk war dagegen.

„Ich weiß nicht, ob sich die Dopingkultur heute tatsächlich geändert hat. Der Sportdirektor, mit dem ich Probleme hatte, war ja noch bis 2011 oder 2012 für den BDR tätig“, ergänzte Schenk, die damals als Nicht-Radsportlerin „allein auf weiter Flur“ gestanden habe. „Diese Dimension von Netzwerken, von Abhängigkeiten untereinander, habe ich mir so in der Intensität nicht klar gemacht“, ergänzte die heutige Anti-Korruptions-Expertin von Transparency International Deutschland.

Ihrer Meinung nach steht der BDR aber nicht alleine in der Kritik. Sie gehe davon aus, dass es bei anderen Verbänden nicht völlig anders gewesen sei. Die Kommission hatte in ihrem Bericht auch von systematischem Doping bei den Bundesliga-Clubs VfB Stuttgart und SC Freiburg in früheren Jahren berichtet.

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