Phantom Fuentes vor Prozess auf Tauchstation

Gran Canaria (dpa) - Eufemiano Fuentes ist selbst auf seiner Heimatinsel Gran Canaria ein Phantom. Bevor am 28. Januar der Dopingprozess gegen fünf Angeklagte der „Operacion Puerto“ beginnt, geht der Mediziner als Zentralgestalt des Verfahrens auf Tauchstation.

Während der gefallene Radstar Lance Armstrong in den USA bei TV-Talkerin Oprah Winfrey zumindest ein kleines Dopinggeständnis ablegen will, wehrt Fuentes' Madrider Anwalt Julian Perez Templado alle Interviewanfragen an seinen Klienten ab.

Zwei Wochen vor Prozessauftakt in der bislang umfangreichsten Dopingermittlung der Sportgeschichte verlieren sich die Spuren des Arztes auf Gran Canaria. „Nein, bei uns arbeitet er schon lange nicht mehr“, geben Angestellte des öffentlichen Gesundheitszentrums Schamann auf Las Palmas Auskunft. Sie verweisen auf eine am Hafen gelegene Klinik. Doch auch in dieser öffentlichen Einrichtung, die über eine Transfusionsabteilung verfügt, will man wenig vom berühmtesten Arzt der Insel wissen.

„Da müssen Sie nebenan bei der Notaufnahme fragen. Dort arbeitet er manchmal“, meint eine in der Anmeldung arbeitende Krankenschwester. Ihre Kollegin in der Notaufnahme wälzt das Mitarbeiterverzeichnis. Sie kann den Namen Eufemiano Fuentes Rodriguez aber nicht finden.

„An Fuentes ist schwer heranzukommen. Er wechselt häufig seine Telefonnummern. Mit den Kliniken hat er meist nur Jahres- oder Halbjahresverträge“, berichtete Martin Alonso, Sportredakteur der lokalen Tageszeitung „La Provincia“, der Nachrichtenagentur dpa. „Bei uns war er nur ein einziges Mal zum Interview. Da hat er sich dann auch über die deutsche Polizei beklagt, weil die bei einer Hausdurchsuchung den Minicomputer seines Sohns beschlagnahmt hat.“

Intensiveren Kontakt zu Fuentes hatte Leichtathletiktrainer Manuel Pascua, der unter anderen den für Portugal startenden Nigerianer Francis Obikwelu zu Olympia-Silber über 100 Meter in Athen führte. Pascua betreute auch den in der Kritik stehenden Fuentes, als der noch Teenager war und auf eine Karriere als Mittelstreckenläufer hoffte. Als Sportler hatte Fuentes „kein Talent“, meinte Pascua trocken. „Er hat Medizin an der renommierten Universität Navarra studiert und verschiedene Ausbildungen im Ausland absolviert“, berichtete der 79-Jährige.

Im Ausland ließ sich Fuentes bei den mutmaßlichen Doping-Koryphäen der Szene ausbilden. „Eufemiano war bei Francesco Conconi, der auch der Lehrer von Michele Ferrari war. Er war in Ostdeutschland. Er war in den USA, wo es nach Meinung einiger Trainer aus Osteuropa, mit denen ich damals darüber sprach, das am höchsten entwickelte Doping gab“, erklärte Pascua. Über Doping-Dienstleistungen von Fuentes für seine eigene Trainingsgruppe schwieg sich Pascua aus.

Die Operacion „Galgo“ der Guardia Civil führte vor drei Jahren zu Festnahmen von Pascua und Fuentes. Das Verfahren wurde aber eingestellt, weil eine Richterin die Abhörmaßnahmen rückwirkend als unangemessen betrachtete und damit einen großen Teil der Beweismittel für unzulässig erklärt hatte. Beim Puerto-Verfahren kann sich die spanische Justiz immerhin auf die Beweise der Guardia Civil stützen. Dazu gehören insgesamt 71 Beutel mit Blutplasma und 135 Blutbeutel, die allesamt Sportlern zugeordnet werden.

Die Anklage will für Fuentes, dessen Schwester Yolanda und drei weitere mutmaßliche Komplizen, jeweils zwei Jahre Haft und ein Verbot der Berufsausübung für diesen Zeitraum fordern. Weil es einen Straftatbestand Doping zum damaligen Zeitpunkt noch nicht gab, wird das Quintett der Verletzung der öffentlichen Gesundheit beschuldigt. Fuentes' Anwalt Templado rechnet nach dpa-Anfrage mit „einem Urteil zu unseren Gunsten. Ich glaube, dass die Vorwürfe fallen gelassen werden.“ Der Urteilsspruch der ersten Instanz wird für den 22. März erwartet.

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