Rad-Olympiasiegerinnen hinterlassen Lücke

Erfurt (dpa) - Wenn am Donnerstag die neue Weltcup-Saison der Bahnradsportler in Kolumbien beginnt, sitzt Olympiasiegerin Kristina Vogel zu Hause in Erfurt und büffelt.

Die 21-Jährige, die in diesem Jahr zusammen mit Miriam Welte nicht nur Olympia-Gold in London, sondern auch den Weltmeistertitel im Teamsprint erkämpfte, lernt für ihre Abschlussprüfung. Viereinhalb Jahre nach der Einstellung will Vogel im Februar ihre Ausbildung bei der Bundespolizei abschließen.

Bei Vogel steht in diesem Winter der Beruf im Vordergrund. Genauso ist es bei Teamkollegin Welte aus Otterbach - sie ist Polizeikommissar-Anwärterin der Sportfördergruppe der Polizei Rheinland-Pfalz. „Ich will schließlich mal fertig werden“, sagte Vogel. Bisher ist für die Erfurterin deshalb auch nur ein Start beim zweiten Weltcup der Saison Mitte November in Glasgow vorgesehen. Welte fährt sogar erst 2013 wieder auf internationaler Bühne. Beide bekommen dabei Unterstützung von Bundestrainer Detlef Uibel: „Die Ausbildung hat diesen Winter ganz klar Vorrang.“ Selbst ein WM-Start im Februar in Minsk steht derzeit noch in den Sternen.

Beim Weltcup-Auftakt in Cali (11. bis 13. Oktober) und bei der EM im litauischen Panevezys (19. bis 21. Oktober) glänzen die deutschen Sprinterinnen sogar komplett durch Abwesenheit. Nicht erst seit dem Rücktritt der beiden Cottbuserinnen Charlott Arndt und Christina Konsulke nach den deutschen Meisterschaften im August in Frankfurt (Oder) klafft hinter Vogel und Welte vorläufig eine Riesenlücke. Einzige Hoffnungsträgerin ist Monika Kendziora, die gerade von Leipzig an den Stützpunkt nach Cottbus gewechselt ist.

„Nachwuchs in diesem Bereich ist nicht vorhanden, weil es keine oder zu wenige Mädchen in den Sprint-Trainingsgruppen gibt. Bei den Frauen ist alles auf die Straße orientiert“, erklärte Coach Uibel konsterniert. Zwar trugen seine Maßnahmen in den vergangenen Jahren in der Spitze erfolgreich Früchte, in der Breite fehlt es aber bei den Sprinterinnen am Unterbau. „Insgesamt wird in den Landesverbänden zu wenig für die Sichtung der Kurzzeitkader getan. Die Sprint-Trainer an den Stützpunkten engagieren sich zwar, stoßen aber immer wieder intern auf Widerstände der Ausdauerkollegen“, sagte Uibel.

Mit den Siegen und Medaillen für Vogel und Welte hofft Uibel nun auf eine Trendwende. „Sicher gab es im Frauen-Sprint in vergangenen Jahren kaum Erfolge. Damit existierten auch keine Vorbilder. Aber davon kann ja nun keine Rede mehr sein“, sagt der Cottbuser. Vogel wünscht sich für die Zukunft deutlich mehr Konkurrenz im eigenen Lager - auch aus Eigennutz, schließlich belebt Konkurrenz das Geschäft. „Es ist echt traurig, dass es so wenig Talente gibt. Ich hoffe, dass unsere Erfolge die Attraktivität gesteigert haben. Es ist eine geile Sportart“, erklärte Vogel.

Bei der Suche nach Talenten will sie kräftig helfen. „Ich bin für jedes Späßchen zu haben“, sagte die Thüringerin, „wenn ich nicht gerade für Prüfungen lernen muss.“

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