Sixdays: Berlin und Bremen „Fels in der Brandung“

Bremen (dpa) - Berlin und Bremen, wo es ab Donnerstag wieder rund geht, sind die letzten deutschen Bastionen des Sechstagerennens. Die merkwürdige Mischung aus bierseliger Gaudi und Radsport der besonderen Art zieht nicht mehr so recht.

Das komplizierte wirtschaftliche Konstrukt Sechstagerennen, in dem Umweg-Renditen, Privatisierung und kommunale Interessen eine Rolle spielen, endet immer öfter defizitär. In dieser Saison stehen insgesamt nur noch acht Sixdays in Europa im Terminkalender, 2011/12 waren es noch elf Veranstaltungen. Zürich hatte sein Programm in diesem November auf vier Tage verkürzt.

Die Hoffnung auf eine Wiederbelebung in Deutschland, wo Dortmund, Stuttgart und München neben Berlin stets Traditionsstätten der Sixdays waren, zerschlug sich immer wieder. Die zuletzt gehandelten Kandidaten Hannover oder Leipzig sprangen ab. Ob es im nächsten Jahr in Köln zur Karnevalszeit wie angeblich geplant wieder losgeht, steht in den Sternen.

„Wir müssen der Fels in der Brandung bleiben. Alles schaut auf Berlin“, sagte der Berliner Sechstagechef Heinz Seesing, der eigentlich Pastor statt Geschäftsmann werden wollte. In der europäischen Geburtsstätte dieses Sports funktioniert der Rundenwirbel, den Seesing 1997 nach einer Zwangspause in Berlin wieder in Gang brachte, noch einigermaßen - dank treuer Sponsoren. „Wir können uns wirtschaftlich halten“, sagte der 75-Jährige, der aber auch nicht um kleine Tricksereien herumkommt, um die Stimmung anzuheizen.

Um seine viel beachteten Zuschauer-Traummarken zu erreichen, gehen laut Seesing rund 60 Prozent der Eintrittskarten an die Sponsoren. Nur der kleinere Rest geht in den Verkauf an den Kassen. „Ich will jeden Tag 12 000 Zuschauer haben“, erklärte der weißhaarige Sechstagechef, der seinen Drei-Millionen-Etat ohne nennenswerte Senats-Zuschüsse stemmt. Immerhin spendierte die Politik dem ehemaligen Bremer Hallenboss - Seesing leitete dort 33 Jahre unter anderem auch das Sechstagerennen - das Bundesverdienstkreuz am Bande.

Auch die Bremer setzen bei den Besucherzahlen jetzt auf mehr Transparenz und wirtschaftliche Vernunft. Sie hoffen in der ÖVB-Arena auf eine ähnliche Resonanz wie im Vorjahr, als unter den neuen Organisatoren mit runderneuertem Konzept 58 850 Zuschauer das Spektakel besuchten, die Hälfte davon zahlte Eintritt. „Die Tendenz geht erneut zu 24 000 verkauften Tickets“, erklärte der neue Sixdays-Chef Hans Peter Schneider, der im Vorjahr ein Plus von 60 000 Euro erwirtschaftete.

„Wir haben eine hohe Zufriedenheit bei den Sponsoren“, betonte Schneider. Seine Bremer Veranstaltungs- und Event GmbH hatte bei der öffentlichen Ausschreibung den Zuschlag erhalten - für ein Konzept mit Produktionskosten von 1,6 Millionen Euro. „Wir machen weiter“, sagte er mit Blick auf die 50. Veranstaltung im nächsten Jahr.

Gerade hat Seesing mit dem Berliner Hallenbetreiber, der ab 24. Januar zum vorletzten europäischen Sechstagrennen dieser Saison einlädt, den Vertrag für die kommenden fünf Jahre bis 2018 klar gemacht. Die regierenden Politiker in der Hauptstadt nehmen das gerne zur Kenntnis. Schließlich dürften Argumente für die sinnvolle Nutzung des einst für die Olympischen Spiele 2000 konzipierten Velodroms schwerfallen, wenn das Sechstagerennen sterben sollte.

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