Deutsche Schützen erstmals seit 48 Jahren medaillenlos

London (dpa) - Die Null blieb stehen bis zum Schluss: Erstmals seit 48 Jahren fahren die deutschen Sportschützen wieder ohne Medaillen von Olympia nach Hause.

Auch am letzten von insgesamt zehn Wettkampftagen in London wurden die Hoffnungen der Deutschen am Schießstand unweit der Cemetery Street (Friedhof-Straße) frühzeitig begraben. „Das Ziel von fünf Medaillen inklusive zweimal Gold war sicherlich etwas ambitioniert, doch Ziele sind dazu da, dass man sie hochsteckt und dann auch erreicht. Es ist für mich persönlich und den Verband sicherlich enttäuschend, da sicherlich mehr Potenzial drinsteckt“, bilanzierte Sportdirektor Heiner Gabelmann und betonte:

„Wir waren nicht schlecht aufgestellt. 40 Prozent der Quotenplätze kommen aus dem Topteam Future - also unter 25 Jahren. Diesen Weg müssen wir konsequent weitergehen. Leider haben die jungen Asse noch nicht gestochen. Die erfahrenen Leute aber leider auch nicht.“ Der Kugelbereich war auch 2000 in Sydney ohne Medaille geblieben, damals retteten die Bogenschützinnen mit Team-Bronze aber die Bilanz des DSB.

Am letzten Wettkampftag scheiterte der erfahrene Karsten Bindrich im Trap-Wettbewerb. Der 39-Jährige aus Eußenhausen, der am Sonntag zum Auftakt des zweitägigen Wettkampfs 74 von 75 möglichen Scheiben getroffen hatte, leistete sich am Montag drei Fehler in den zwei Serien und wurde mit 121 Scheiben Neunter. „Ich hatte ein deutliches Sichtproblem heute. Ich hatte mir extra eine Brille anfertigen lassen, die auf die wechselnden Bedingungen reagiert, aber es reichte nicht“, sagte der Weltmeister von 2003.

Ans Aufhören denkt er nicht: „Ich hänge noch einen Olympia-Zyklus dran, jetzt kann ich endlich mal ohne Studienstress trainieren und ich bin an der Weltspitze dran.“ Den letzten Olympiasieg in London sicherte sich der Kroate Giovanni Cernogoraz. Im Stechen setzte er sich mit 6:5 gegen den Italiener Massimo Fabbrizi durch.

Einen guten Start hatten auch die Gewehrschützen Daniel Brodmeier und Maik Eckhardt. Nach dem Liegend-Anschlag lagen sie auf Finalkurs. Doch der 24-jährige Brodmeier, mit Platz fünf im Liegend-Wettkampf bester deutscher Schütze in London, leistete sich dann eine 374 im Stehend-Anschlag. „Ich bin mit dem Wind und dem Licht nicht zurechtgekommen“, meinte der Olympia-Debütant. Am Ende kam er auf 1156 Ringe und wurde 32.

Der 42-jährige Dortmunder Eckhardt landete mit 1163 Ringen auf Platz 21. „Viele Schüsse in die Neun waren mir einfach schleierhaft“, meinte er ratlos. Der Italiener Niccolo Campriani gewann olympisches Gold mit dem Kleinkaliber-Gewehr im Dreistellungskampf. Im Finale setzte er sich mit 1278,5 Ringen gegen den Südkoreaner Kim Jonghyun (1272,5) durch. Bronze sicherte sich Matthew Emmons aus den USA mit 1271,3 Ringen.

Auf Sportdirektor Gabelmann, der in den nächsten Wochen die detaillierten Auswertungen angehen will, wartet viel Arbeit. Ein Kernproblem erkannte er aber bereits jetzt. „Wir brauchen in Rio 2016 wieder mehr Psychologen im Team. Da hatten wir in Peking mehr Betreuer direkt am Athleten.“ Auch will er die Routiniers zum Gespräch bitten, die ohnehin nicht mehr für die nächsten Olympischen Spiele planen, aber noch ein oder zwei Jahre weitermachen wollen. Das bremst den Nachwuchs aus. „Da wird es auch unbequeme Entscheidungen geben“, kündigte Gabelmann an.

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