Warten auf erste Medaille der Schützen geht weiter

London (dpa) - Goldkandidat Ralf Schumann beendete nach der Pleite spontan seine Olympia-Karriere, auch Mitfavorit Christian Reitz verpasste die erhoffte Medaille: Dem Deutschen Schützenbund (DSB) droht in London erstmals seit den Spielen 1984 in Los Angeles eine olympische Flaute.

Nach zehn von insgesamt 15 Entscheidungen gibt es immer noch keinen Podiumsplatz. Ausgerechnet Verbandskritikerin Sonja Pfeilschifter, die zum Auftakt beim Luftgewehr-Wettbewerb wegen des hohen Erwartungsdrucks nicht berücksichtigt wurde, soll nun die glanzlose Bilanz aufpolieren. Die 41-Jährige startet am Samstag neben Weltmeisterin Barbara Engleder in ihrer Spezialdisziplin Sportgewehr.

Am Freitag sorgte nur Youngster Daniel Brodmeier für einen positiven Lichtblick. Der erste 24 Jahre alte Gewehrschütze aus Niederlauternbach feierte auf dem Schießstand der königlichen Artillerie-Kasernen mit dem fünften Platz den größten Erfolg seiner noch jungen Karriere. Beim routinierten Schumann, immerhin dreimaliger Olympiasieger und in der britischen Hauptstadt bereits bei seinen siebten Spielen, lief dagegen gar nichts.

Im Schnellfeuer-Wettbewerb verpasste der 50-Jährige als 16. von 18 Teilnehmern deutlich das Finale und erklärte daraufhin seine Olympia-Karriere als Sportler spontan für beendet: „Das war es. Ich hoffe, als Trainer geht es weiter. Als Sportler werde ich aber keine vier Jahre mehr machen, ob ich noch etwas dranhänge, weiß ich noch nicht. Das lasse ich noch offen.“ Ein Waffenproblem bremste ihn in der Qualifikation. Schumann musste das Sportgerät wechseln und wurde weit unter Wert geschlagen. „Es waren am Ende zu viele kleine Fehler“ , bilanzierte er und schaute sich das Finale auf der Tribüne nur als Zuschauer an. Teamkollege Reitz überstand zwar den Vorkampf, zielte aber im Finale zu schlecht und wurde Sechster.

Der 25 Jahre alte Polizeikommissar, vor vier Jahren in Peking noch Bronzegewinner, enttäuschte vor allem in seinen Vier-Sekunden-Serien. Nach 20 Schuss schied Reitz mit nur 13 Treffern aus. Olympiasieger wurde der Kubaner Leuris Pupo, der nach acht Serien mit 34 Treffern den Weltrekord einstellte. „Mit knappen Schüssen wie eine 9,9 hatte ich den ganzen Wettkampf so ein bisschen zu tun. Der Anfang im Finale war nicht so gut und in der Endkonsequenz habe ich nicht so sauber gearbeitet“, erklärte Reitz.

Umso erfreulicher lief es für Brodmeier. Schon im Stechen der neun Starter behielt der Bayer die Nerven und zog mit 52,3 Ringen in 45 Sekunden als Bester ins Finale der Top-Acht ein. Dabei hatte er noch in der Vorwoche mit 40 Grad Fieber und Schüttelfrost im Bett gelegen. Nach dem Wettkampf war er völlig erschöpft. „Das ist ein geiles Ergebnis. Es war ein extrem schwerer Wettkampf für mich. Ich bin durch die Hölle gegangen“, sagte Brodmeier, der auf 698,2 Ringe kam. Der Sieg ging am Ende an Sergej Martinow. Der Weißrusse egalisierte im Vorkampf den Weltrekord von 600 Ringen und schoss mit 705,5 Ringen auch olympischen Final- und Weltrekord. Maik Eckhardt aus Dortmund landete in der Qualifikation auf Platz 37.

Brodmeiers Trainingspartnerin Barbara Engleder umarmte den Youngster innig. Zusammen mit Pfeilschifter ist sie jetzt die letzte Hoffnungsträgerin des DSB. Pfeilschifter ist wegen ihrer Nicht-Nominierung zum Auftakt der Spiele allerdings immer noch wütend und glaubt sogar, dass man sie zum Rücktritt zwingen wollte. Der DSB verteidigte seine Entscheidung als „Schutzmaßnahme“. Ihre vier Doppelstarts in Peking, Athen, Sydney und Barcelona waren alle schief gegangen. Die Weltklasse-Schützin aus Ismaning hatte jeweils dem gewaltigen Erwartungsdruck, die erste deutsche Medaille in der ersten Olympia-Entscheidung Luftgewehr zu holen, nicht Stand halten können.

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