Erblicken Europa-Spiele das Licht der Welt?

Lausanne (dpa) - Die Schwangerschaft dauert schon fast 20 Jahre, am Samstag soll endlich die Geburt eingeleitet werden: In der Ewigen Stadt will der Dachverband der 49 Nationalen Olympischen Komitees Europas (EOC) die Europäischen Spiele aus der Taufe heben.

Über Jahre gab es Pro und Contra für das jüngste Kind des Weltsports - nun geht es in Rom um Alles oder Nichts: EOC-Generalsekretär Raffaele Pagnozzi hat eine „definitive Entscheidung“ angekündigt. Mehr als 400 Delegierte aus allen Mitgliedsländern werden zur 41. Generalversammlung erwartet.

EOC-Präsident Patrick Hickey sagte der Nachrichtenagentur dpa in Lausanne, dass die Delegierten in Rom eine „exzellente Präsentation“ des möglichen ersten Gastgebers erleben werden. Dass die Premiere der Europäischen Spiele im Mai 2015 in Baku über die Bühne gehen soll, wollte der Ire (noch) nicht bestätigen, aber das Ja-Wort scheint nach dpa-Informationen bereits beschlossene Sache. Geben die NOKs Grünes Licht, müsste sich beim Testlauf zunächst einmal zeigen, ob die Idee einer weiteren Sport-Großveranstaltung aufgeht und Zuspruch findet.

Die Hauptstadt Aserbaidschans hat das nötige „Kleingeld“ für ein Mini-Olympia, die Spiele sollen privat finanziert werden - ohne Steuergelder. Der Gastgeber will dem Vernehmen nach sämtliche Kosten übernehmen. Erst Ende Mai wurde in der ehemaligen Sowjetrepublik der Eurovision Song Contest mit Riesenerfolg ausgerichtet.

IOC-Präsident Jacques Rogge ist bestens vertraut mit der Materie. „Ich war ja selbst Vorsitzender der EOC, und vor 15 Jahren haben wir eine Umfrage in Auftrag gegeben: Ist noch Spielraum für kontinentale Spiele in Europa? Und wir sind zu der Erkenntnis gekommen, das war Mitte der 90er Jahre, dass nicht genug Platz dafür ist im internationalen Kalender, speziell in Europa, wo es viele Meisterschaften gibt“, sagte der 70 Jahre alte Belgier in Lausanne.

Die Einstellung der internationalen Fachverbände habe sich seither geändert. Dabei sei Konsens, dass Wettkämpfe in nur 15 Sportarten (bei Olympischen Spielen sind es 28) ausgetragen werden. „Einige sind dafür - andere nicht. Und es steht mir nicht zu, Voraussagen zu treffen, was am Samstag in Rom passiert“, betonte Rogge.

Dass Kontinentalspiele durchaus ein Erfolgsmodell sind, hat den Europäern Mut gemacht: Bereits seit 1951 gibt es Panamerikanische Spiele (bisher 16 x) und Asienspiele (ebenfalls 16 x). Die Afrika-Spiele wurden im Jahr 1965 erstmals ausgetragen und fanden seither zehnmal statt.

Gegenwind kommt von den einflussreichen europäischen Fachverbänden - ohne Leichtathleten und Schwimmer geht schließlich gar nichts. Das Council der EAA hat sich einstimmig gegen eine Teilnahme der europäischen Leichtathleten ausgesprochen. „Wenn man gesehen hat, was die Leichtathletik bei den Olympischen Spielen in London für einen Stellenwert hat, wären Europa-Spiele ohne Leichtathletik eher eine Farce“, erklärte DLV-Präsident Clemens Prokop.

„Unsere Verbände haben sich bereits im vergangenen Dezember skeptisch zu den Europa-Spielen geäußert“, meinte DOSB- Generaldirektor Michael Vesper. „Aber es gibt Asien-Spiele, Panamerikanische und Afrikanische. Da ist es legitim, über Europa-Spiele nachzudenken.“ Ein Problem lasse sich aber nicht einfach aus der Welt schaffen: Sportarten wie Fußball, Leichtathletik oder Schwimmen haben laut Vesper „funktionierende Europameisterschaften, die sie auch gut vermarkten und die den Wettkampfkalender besetzen“.

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