Sotschi 2014 tönt: Winterspiele der Superlative

Krasnaja Poljana (dpa) - Zweifel und Kritik an den Olympia-Machern in Sotschi lächelt Organisationschef Dmitri Tschernyschenko einfach weg.

Gigantismus, drastisch reduzierte Zuschauerzahlen bei zahlreichen Wettbewerben in den Bergen, potenzieller Schneemangel - alles keine Probleme, versichert der Russe mit dem kahlgeschorenen Kopf im feudalen Grand Hotel in Krasnaja Poljana.

Tschernyschenko verspricht ausverkaufte Arenen, die „großartigsten und kompaktesten Spiele der Geschichte“ - und versucht, die Weltpresse mit dem Angebot kostenloser Internet-Nutzung während des Ringespektakels gnädig zu stimmen.

Bei frühlingshaften Temperaturen präsentiert das Organisationskomitee Sotschi 2014 erstmals die neuen Olympia-Anlagen vor mehr als 300 Journalisten aus rund 30 Ländern. Da sind architektonisch aufwendige Eisarenen direkt an der Küste des Schwarzen Meeres und alpine Wettkampfstätten knapp 50 Kilometer weiter im Kaukasusgebirge bei Krasnaja Poljana.

An der palmenreichen Meeresküste liegt im Olympia-Park auch das Stadion mit 45 000 Plätzen, in dem Kremlchef Wladimir Putin in 15 Monaten am 7. Februar 2014 das Spektakel eröffnen will. Die nahen Unterkünfte im Medien- und Olympiadorf sollen nach den Spielen als Wohnungen verkauft werden. „Sotschi ist eine Modellstadt für das moderne Russland“, schwärmt der OK-Chef. „Die Stadt strahlt auf das ganze Land aus. Nirgends sonst gibt es in unserem Land eine so beispielhaft umweltfreundliche und behindertengerechte Bauweise.“

Zwar befürchten Kritiker, dass wie so oft im Riesenreich nach den Großereignissen die Bauten leer stehen könnten. Aber Tschernyschenko wischt dies weg wie jeden Zweifel: Messen und Kongresse seien in den Stadien künftig geplant.

Sotschis Bürgermeister Anatoli Pachomow sieht all das schon als Durchbruch dafür, dass sich die zu Sowjetzeiten im Sommer beliebte Riviera des Ostens nun zum Kurort für das ganze Jahr mausert. In der Bergregion Krasnaja Poljana, wo 69 der 98 Medaillenentscheidungen stattfinden werden, entsteht ein Luxushotel neben dem nächsten. In den Bergen stehen Seilbahnen mit ihren Gondeln.

Noch ist die neu aus dem Boden gestampfte Wintersportregion eine riesige Baustelle. Doch OK-Chef Tschernyschenko beteuert, dass alle Anlagen im Schnitt zu 70 Prozent fertig seien. Russland liege damit im Plan - zeitlich und finanziell. Gesamtkosten von rund 24 Milliarden Euro und die neue Infrastruktur mit Straßen, Bahngleisen und Tunneln machen die Spiele zu den bislang aufwendigsten.

Trotz der neuen Infrastruktur enttäuschen die Organisatoren Erwartungen des Internationalen Ski-Verbandes, der zu wenige Zuschauerplätze moniert. Tschernyschenko hält dagegen. Es gebe diesmal zwölf Disziplinen mehr als in Vancouver 2010. Auch die Lage der Wettkampfstätten sowie das Wetter spielten eine Rolle, weshalb die ursprünglich angekündigten Zuschauerzahlen reduziert werden mussten, argumentiert Tschernyschenko. Wohl auch deshalb erwartet er „ausverkaufte Spiele“.

Tschernyschenko hat keine Sorge, dass bei den ersten Winterspielen im subtropischen Klima Schnee und Kälte fehlen könnten: „Wir haben ausreichend Anlagen für die Schneeproduktion - sogar bei 15 Grad plus, auch wenn das natürlich sehr viel Energie verschlingen würde.“ Nach Vancouver mit seinem Tauwetter hätten alle viel gelernt. 430 Schneemaschinen sollen für die Schneesicherheit bereitstehen, heißt es im OK. Außerdem wird in Lagerstätten Schnee gehortet, um damit im Februar die Anlagen in eine Winterlandschaft zu verwandeln.

Der Herbst zieht in den Kaukasusbergen erst allmählich ein, auf den Gipfeln in mehr als 2000 Metern Höhe liegt an diesem Tag schon der erste Schnee. Das imposante Bergpanorama lässt viele die Probleme der vergangenen Monate und Jahre vergessen. Die immense Korruption, Zwangsumsiedlungen von rund 2000 Bewohnern sowie Umweltsünden sind bei der Präsentation vor der Weltöffentlichkeit keine Themen mehr.

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