„Super Saturday“ für Briten - Ausnahmezustand in UK

London (dpa) - Die Queen hat mit ihren Ritterschlägen nun die Qual der Wahl im goldberauschten Königreich. Tennis-Hero Andy Murray eroberte am Sonntag als Goldmedaillengewinner Wimbledon. „King“ Ben Ainslie krönte sich zum Segel-Rekord-Olympiasieger.

Beide setzten damit den Goldrausch vom Super-Samstag fort, dem erfolgreichsten britischen Olympia-Tag seit 104 Jahren. Sechs Olympiasiege innerhalb weniger Stunden hatten am Samstag den begeisterten Premier David Cameron vorm Fernseher von der Couch gerissen. Die Edel-Fans Paul McCartney und Prinz William samt Kate gerieten in Ekstase. „Vergesst den "Super Saturday", das war "Spectacular Saturday"! Was für ein Abend! So so stolz“, twitterte Londons Bürgermeister Boris Johnson.

Im Rad-Velodrom schwenkte Beatles-Ikone McCartney beim Sieg der Verfolgerinnen das „Union Jack“-Fähnchen und intonierte mit der Menge lauthals sein „Hey Jude - na na na na“. Später verwandelten die Leichtathletik-Stars Jessica Ennis, Greg Rutherford und Mo Farah mit dreimal Gold das Olympiastadion in ein 80 000-Zuschauer-Tollhaus, in dem Sir Paul „All you need is Love“ mitgrölte. Zuvor hatten die Ruderer auf dem Dorney Lake in Eton zweimal triumphiert.

„Hep, hep, Hooray“, titelte „The Sun“ am Sonntag. Die „Sunday Times“ schrieb: „Die britischen Fans haben einen exzentrischen neuen Patriotismus entdeckt und feuern jeden an - sogar Deutschland.“

Die Briten erleben ihr Sommermärchen. Dabei hatten die ambitionierten Gastgeber einen Fehlstart hingelegt und fünf lange Tage auf das erste Gold warten müssen. „Erinnert sich noch jemand daran, als einige über zu wenige britische Medaillen gejammert haben? Das erscheint nun sehr lange her!“, twitterte Sir Chris Hoy, der britische Fahnenträger und Bahnrad-Superstar.

Die Briten, mit 542 Athleten das größte Nationen-Team und als einzige in allen 26 Sportarten dabei, wollten mindestens das starke Peking-Ergebnis toppen - also mehr als 47 Medaillen (19 Mal Gold) gewinnen. Nach 148 von 302 Entscheidungen heimsten sie bereits 34 Mal Edelmetall ein (16 Gold). Das ist Platz drei im Medaillenspiegel! Segel-Legende Ainslie mit seinem Olympiasieg Nummer vier und der schottische Draufgänger Murray mit seiner sensationellen 6:2, 6:1, 6:4-Final-Demonstration gegen Roger Federer auf dem „Heiligen Rasen“ sorgten am Sonntag für historische Gänsehaut-Momente.

Der „Sunday Mirror“ hat beobachtet, wie Menschen von ihren Gefühlen überwältigt werden. Überall. „Sie weinen - zu Hause, in der Kommentatoren-Kabine, auf dem Podium, auf den Zuschauerrängen, im Auto am Radio.“ Das Boulevard-Blatt jubelt: „Wir alle haben die Olympischen Spiele gewonnen.“

Emotionen pur herrschten am Samstag im Olympiastadion. Laut „Sunday Telegraph“ betrug der Lärmpegel beim Zieleinlauf von Siebenkampf-Olympiasiegerin Ennis im abschließenden 800-Meter-Lauf 110 Dezibel - wie bei einem startenden Hubschrauber.

Als das sympathische „Golden Girl“ bei der Siegerehrung mit den Tränen kämpfte, brach im BBC-Studio Denise Lewis, die Olympiasiegerin von Sydney 2000, in Tränen aus. „Manchmal gibt es keine Worte, einfach wundervoll, zauberhaft“, schluchzte sie in ein Taschentuch. Als „Magic Mo“ Farah auf die Ehrenrunde ging, stürmte seine Tochter Rihanna durch den Innenraum auf ihn zu. Auch seine schwangere Frau Tania flog ihm in die Arme. „Dies wird niemals zu übertreffen sein. Das ist der beste Moment meines Lebens“, sagte Farah.

Nur bei den Sommerspielen 1908 konnte Großbritannien mit acht Siegen mehr Olympia-Triumphe an einem Tag feiern. Damals standen aber auch einige Wettbewerbe mit ausschließlich britischen Teilnehmern auf dem Programm - wie Polo. Der goldene „Super Saturday“ dürfte daher als größter Sporttag in die GESAMTBRITISCHE Geschichte eingehen. Als größter ENGLISCHER Sportmoment gilt der Heim-WM-Triumph der Fußballer 1966. Die Kicker des Team GB sorgten übrigens für den einzigen Wermutstropfen: Sie verloren das Viertelfinale gegen Südkorea im Elfmeterschießen. Das können die Briten offenbar immer noch nicht.

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