Steffen und Biedermann attackieren DSV-Führung

Berlin (dpa) - Alle Jahre wieder ist beim Deutschen Schwimm-Verband an vorweihnachtlichen Frieden nicht zu denken. Nach der Trennung von Bundestrainer Dirk Lange Ende 2011 überlagert diesmal deutliche Kritik von Britta Steffen und Paul Biedermann am DSV die anstehenden Meisterschaften.

Steffen warf der Verbandsführung Zeitverschwendung bei notwendigen Reformen und mangelnde Rückendeckung vor. „Rückhalt vom Verband spüre ich eher selten“, sagte die 29-Jährige in einem Interview der „Sport Bild“. „Wenn du sie brauchst, dann sind sie nicht da. Wenn du erfolgreich bist, dann darfst du mit Frau Dr. Thiel ein Foto machen und Danke sagen“, erklärte Steffen mit Blick auf die DSV-Präsidentin.

Thiel war vor anderthalb Wochen mit nur 57,1 Prozent Ja-Stimmen zum vierten Mal zur DSV-Präsidentin gewählt worden. Es war ihr bislang schlechtestes Wahlergebnis - und das ohne Gegenkandidaten. Steffen hat ihr eigenes Anforderungsprofil für diesen Posten: „Meine Intention ist, jemand an die Spitze zu setzen, der Leidenschaft für den Schwimmsport hat. Diese habe ich bei Frau Dr. Thiel persönlich noch nicht erlebt.“ Die Wiesbadener Rechtsanwältin wollte am Mittwoch vorerst „keinen Kommentar“ zu Steffens Äußerungen abgeben. Das sagte sie der dpa auf dem Weg nach München zu Verhandlungen über den auslaufenden TV-Vertrag des DSV mit ARD und ZDF.

Steffen hatte zuletzt nach ihrer vorzeitigen Abreise von der verkorksten WM 2011 in Shanghai mit dem Verband im Clinch gelegen. Nun kritisierte die Berlinerin, dass die notwendigen Konsequenzen nach der Olympia-Pleite der medaillenlosen Beckenschwimmer immer noch nicht gezogen sind. „Beim DSV passiert nichts. Beim DSV hat sich nichts verändert, und niemand will Veränderungen. Wir verschwenden viel Zeit, die wir nicht haben“, sagte die Doppel-Olympiasiegerin von 2008.

Eine vom DSV berufene Expertenkommission berät derzeit über neue Strukturen im Verband. Die letzte Sitzung des Gremiums, in dem die Heimtrainer nicht vertreten sind, ist Ende dieses Monats. Zum Jahresende soll auch ein neuer Cheftrainer für die Beckenschwimmer benannt werden, die Auswahlgespräche laufen derzeit. Auch die noch ausstehenden Vertragsverlängerungen mit den Stützpunkttrainern sollen zeitnah unter Dach und Fach gebracht werden. Biedermanns und nun auch Steffens Heimtrainer Frank Embacher etwa hat das öffentlich eingeforderte Signal, dass mit ihm über 2012 hinaus geplant wird.

Steffens Freund Paul Biedermann kritisierte erneut die Nachwuchsförderung des Verbandes. „Die Olympischen Spiele haben gezeigt, dass sich in der Nachwuchsförderung einiges ändern sollte“, sagte der 26-Jährige. Er verlasse sich inzwischen aber lieber auf das Projekt seines Hauptsponsors. „Ich habe lange genug was über den DSV geredet. Jetzt nicht mehr. Nun konzentriere ich mich auf das Juniorenteam. Hier habe ich das Gefühl gehört zu werden“, erklärte Biedermann, der inzwischen gemeinsam mit Britta Steffen eine gemeinsame Wohnung in Halle/Saale gefunden hat. Nach drei Jahren wird das Paar zusammenziehen und gemeinsam trainieren.

Zuvor starten beide bei den deutschen Kurzbahn-Meisterschaften von diesem Donnerstag an in Wuppertal. Ein deutsches Nachwuchsteam bestreitet zeitgleich die EM in Chartres/Frankreich. An beiden Schauplätzen werden die Tickets für die WM (12. bis 16. Dezember) in Istanbul verteilt. Im Fernduell mit Olympiasieger Yannick Agnel muss Biedermann um seinen Weltrekord über 200 Meter Freistil fürchten.

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