Systemkritiker Harting: „Ich spreche Probleme an“

Baden-Baden (dpa) - Robert Harting streichelte nach der Auszeichnung zum „Sportler des Jahres“ zart über die glänzende Trophäe. So sanftmütig der Diskushüne auf die Würdigung reagierte, so bissig zeigte sich der Berliner in seinen Reden.

„Ich bin sehr dankbar dafür, weil sich die Presse nicht für eine vom Kapital getragene Sportart entschieden hat“, meinte der 28 Jahre alte Olympiasieger im Kurhaus von Baden-Baden mit einem Seitenhieb auf den Millionenzirkus Formel 1 und den Dreifach-Weltmeister Sebastian Vettel. Er könne sich kein Rennauto leisten, jeder könne sich aber Laufschuhe besorgen.

Wo Harting ist, ist auch immer Systemkritik. Das zählt er wohl selbst zu seinem persönlichen Anforderungsprofil. „Ich spreche Probleme an“, sagt der 2,01-Meter-Mann, der seine zahlreichen Trophäen im Keller lagert. Da fällt dann auch das Zusammentreffen mit dem Präsidenten des Deutschen Olympischen Sportbundes, Thomas Bach, auf dem Parkett des Bénazet-Saals nicht länger als nötig aus.

„Nein“, antwortete Harting auf die Frage, ob er sich zwischen Variationen vom schottischen Lachs und poelierter Miralperlhuhnbrust mit dem Funktionär ausgetauscht habe. Dieser Streit schwelt schon eine ganze Weile. Bach wirft Harting polemische Kritik an der deutschen Spitzensportförderung vor. Harting schimpft, deutsche Funktionäre würden nicht ernsthaft mit den Sportlern über Verbesserungen des Systems diskutieren.

Selbst ist der Mann! „Meine Strategie besteht nicht darin, gegen eine Wand zu sprechen, die nicht antwortet“, meinte Harting. Er habe nun einen eigenen Weg der Förderung gefunden. Wie dieser aussieht? „Konkret darf ich nix sagen. Das wird schwer zu koordinieren“, meinte der Hüne nach der launigen Gala vor rund 700 Gästen rätselhaft. „Ich erreiche mein Ziel über einen anderen Weg.“

Über ein furioses Finish durfte sich der Deutschland-Achter als „Mannschaft des Jahres“ freuen. Ralf Holtmeyer wurde sogar zusammen mit Vielseitigkeitsreiter-Coach Hans Melzer als Coach 2012 ausgezeichnet. Artig gab der als sehr resolut geltende 56-Jährige das Lob an seine Ruder-Crew zurück. „Die Mannschaft ist sehr ausgeglichen stark“, sagte Holtmeyer.

Ihr Everybody's-Darling-Lächeln setzte wieder Biathlon-Rentnerin Magdalena Neuner auf. Die 25-Jährige verteidigte ihren Titel als „Sportlerin des Jahres“ und schnappte sich die Auszeichnung zum dritten Mal. „Das ist das perfekte i-Tüpfelchen. Für mich ist das wahrscheinlich die letzte Auszeichnung als Sportlerin“, sagte die Wallgauerin. „Ab 2013 bin ich wirklich ein Normalo.“

Aber vorher durfte Neuner noch mit ZDF-Moderator Rudi Cerne Platz auf einer roten Couch nehmen und sich mit ihm auf der Bühne einen Schluck aus einem Flachmann genehmigen. Neuner sagte, sie sei mit ihrem jetzigen Leben abseits des Leistungssports wirklich glücklich. „Ich kann tun und lassen, was ich will“, sagte sie. Auf die x-te Frage zu konkreten Zukunftsplänen meinte Neuner ganz tapfer mit einem Augenzwinkern: „Demnächst wird auch der Bundeskanzler gewählt.“

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