Barbara Rittner, der Glücksfall für den DTB

Brisbane (dpa) - Dass die deutschen Tennis-Damen erstmals seit 1995 im Halbfinale des Fed Cups stehen, haben sie auch ihrer Teamchefin zu verdanken. Barbara Rittner schafft es seit neun Jahren, eine Mannschaft zu formen, die mehr ist als Zweckgemeinschaft für ein paar Tage im Jahr.

Barbara Rittner, der Glücksfall für den DTB
Foto: dpa

Sie ist mit Vize-Kanzler Sigmar Gabriel befreundet und telefoniert regelmäßig mit Steffi Graf. Sie wird immer mal wieder gefragt, ob sie sich nicht politisch engagieren wolle. Sie hat dank ihrer exzellenten Kontakte in die Chefebene des Autobauers dem Deutschen Tennis Bund einen Mega-Deal mit Hauptsponsor Porsche beschert. Vor allem aber und vor allem anderen: Barbara Rittner hat zum ersten Mal seit 19 Jahren wieder eine deutsche Damen-Mannschaft in das Halbfinale des Fed Cups geführt.

Wenn an diesem Osterwochenende Angelique Kerber, Andrea Petkovic, Julia Görges und Anna-Lena Grönefeld in Australien um den ersten Endspieleinzug im Mannschafts-Wettbewerb seit 1992 kämpfen, verdanken sie das auch ihrer außergewöhnlichen Teamchefin.

Am 25. April wird Rittner 41 Jahre alt. In ihrer aktiven Karriere hat sie zwei Turniere auf der WTA-Tour gewonnen, 1991 in der Juniorinnenkonkurrenz von Wimbledon den Titel geholt. Ihre höchste Platzierung in der Weltrangliste war im Februar 1993 Rang 24. Immer blieb sie ein wenig im Schatten von Steffi Graf und Anke Huber.

Vor dem Halbfinale stand die Kölnerin in Brisbane in einem japanischen Restaurant und hielt eine Rede, in der sie voller Stolz, Respekt und Anerkennung über ihr Team sprach. „Dieser ehrliche, vertrauensvolle und offene Umgang miteinander ist sehr, sehr besonders“, sagte Rittner der dpa. „Alle geben alles und sind mit dem Herzen dabei.“

Dass all ihre Spielerinnen die Strapazen einer sechstägigen Australien-Reise mitten in der europäischen Sandplatz-Saison und unmittelbar vor dem wichtigsten deutschen Damen-Turnier in Stuttgart auf sich nahmen, „kann man ihnen gar nicht hoch genug anrechnen“, sagte Rittner am Tag vor den ersten Partien zwischen Andrea Petkovic und Samantha Stosur sowie Angelique Kerber und Casey Dellacqua.

In der Individualsportart Tennis schafft es Rittner seit neun Jahren als Bundestrainerin und Fed-Cup-Chefin, ihre so unterschiedlichen Protagonistinnen zu einem Team zu formen, das diesen Namen verdient und mehr ist als eine Zweckgemeinschaft für ein paar Wochen im Jahr.

Sie hat den Mut, eine körperlich nicht fitte Wimbledon-Finalistin Sabine Lisicki zu Hause zu lassen. Sie verzichtete auf eine in Top-Form spielende Mona Barthel, weil diese damals nicht so recht ins Mannschaftsgefüge passen wollte. Sie nominiert regelmäßig Anna-Lena Grönefeld, die ihre Einzelkarriere längst beendet hat und nur noch im Doppel spielt - auch weil die 28 Jahre alte Nordhornerin wichtig für den Teamgeist ist und intern für gute Stimmung sorgt.

„Sie hat bei den deutschen Frauen das geschafft, woran bei den Männern schon viele Teamchefs verzweifelt und letztlich auch gescheitert sind. Sie hat den Spielerinnen glaubhaft vermitteln können, dass sich Bekanntheit und Ruhm am leichtesten über Erfolge mit der Nationalmannschaft vermehren lassen“, schrieb die „Süddeutsche Zeitung“ dieser Tage über Barbara Rittner.

Als die deutschen Damen im Februar 2013 in der Weltgruppe II in Frankreich gewannen und bei einer Niederlage auch ihr Job in Gefahr gewesen wäre, erschien die Teamchefin mit geröteten Augen zur Pressekonferenz. Und es passiert nicht oft, dass man Rittner weinen sieht. Als die deutschen Damen dieses Jahr im Februar in der Slowakei gewannen und den Halbfinal-Einzug perfekt machten, hielt die Chefin am Abschlussabend eine 20-minütige Stegreif-Rede und richtete persönliche Worte an jede einzelne Spielerin, an den Co-Trainer, den Mannschaftsarzt, die Physiotherapeuten und den Fitnesscoach.

Sie kann Kumpel sein und freundschaftliche Ratgeberin. Sie ist konsequent und hat klare Regeln aufgestellt, die die jungen Damen beachten und respektieren. „Sie kennt uns alle schon seit der Jugend, sie schenkt uns einfach ihr komplettes Vertrauen“, sagt Grönefeld. „Und das versuchen wir ihr natürlich auf dem Platz zurückzuzahlen.“

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