Erst Sonne, dann harte Arbeit: Kerber will oben bleiben

Istanbul (dpa) - Das „mega-gute“ Jahr 2012 endete für Angelique Kerber mit einem Kälteschock. Kurz nach Mitternacht sprang sie zusammen mit ihrem Trainer Torben Beltz in voller Montur in den Pool des Polat Renaissance Hotels von Istanbul und wurde dabei von der Wassertemperatur überrascht.

„Dass es so kalt ist, hätte ich nicht gedacht“, sagte Kerber. In blauem Pullover und schwarzer Trainingshose sitzt sie in der Lounge des Nobelhotels im Sessel vor einem Kamin. Gut 15 Stunden zuvor hat sie ihr letztes Tennis-Spiel des Jahres bestritten, das 82. insgesamt. Noch etwas müde, aber glücklich steht sie noch einmal Rede und Antwort. Ein letztes Mal soll sie beschreiben, wie sie sich auf kaum vorstellbare Art und Weise in die Weltspitze katapultiert hat.

„Warum es so schnell so weit nach oben ging, kann ich auch nicht richtig erklären“, gesteht die 24-Jährige. „Dass ich jetzt zu den Top 10 gehöre, habe ich schon realisiert. Doch insgesamt werde ich schon ein paar Tage brauchen, um zu verarbeiten, was alles passiert ist.“

Die ersten beiden Turniersiege, der Sprung unter die besten Fünf der Welt, Olympia, Wimbledon-Halbfinale und zum Abschluss erste Deutsche seit Anke Huber 2001 bei der WM - es war eine Saison wie in einer rasanten Achterbahn. Nur dass es für die begeisterte Karussell-Fahrerin mit wenigen Ausnahmen ausschließlich bergauf ging.

Die Woche in Istanbul hat trotz der drei Vorrunden-Niederlagen noch einmal bewiesen, dass Kerber in der Weltspitze angekommen ist. Beim Gala-Abend zur Auslosung wirkte sie im glamourösen Abendkleid längst nicht mehr wie ein Fremdkörper. „Ich merke schon, dass ich von den Anderen respektiert werde“, erzählt Kerber und führt eines der für die Branche stichhaltigsten Argumente an. „Selbst Maria Scharapowa hat hier mit mir geredet.“

Ein Wortwechsel mit der sich stets kühl und distanziert gebenden russischen Einzelgängerin - es ist wie eine Art Ritterschlag für Kerber. Sie selbst muss darüber schmunzeln, weil sie so ganz anders ist. „Für mich ist es egal, ob eine Spielerin Top 10, 50 oder 100 steht. Für mich sind sie alle gleich“, meint die Norddeutsche, „ich hoffe, das bleibt auch so.“

Dass sich die bodenständige Schleswig-Holsteinerin plötzlich auch auf Egotrips wie Scharapowa oder Serena Williams begibt, ist nicht zu befürchten. Spannend wird aber zu sehen sein, wie sie sich 2013 in einer Art Bestätigungsjahr sportlich in der Weltspitze behauptet.

Doch Kerber hat keine Angst vor der gestiegenen Erwartungshaltung. „Nein, überhaupt nicht“, sagte sie selbstbewusst. „Ich habe ja schon bei den US Open bewiesen, dass ich dem Druck standhalten kann.“ In New York hatte sie nach dem Halbfinaleinzug aus dem Vorjahr viele Punkte zu verteidigen, erfüllte mit dem Achtelfinale aber das Soll.

Nach nicht einmal drei Wochen Pause will sie nun bereits Mitte November wieder mit der Vorbereitung beginnen. „Ich kann noch einiges an meinem Spiel verbessern. Zum Beispiel den Aufschlag und auch noch meine Fitness.“ Auch abseits des Platzes stehen einige Veränderungen hin zu noch mehr Professionalität an. So wird es neue Verantwortliche im PR- und Management-Bereich geben. Schließlich sollen sich die Erfolge bald auch in lukrativen Werbeverträgen auszahlen.

Aber erst einmal geht es mit ihrer Schwester und einer Freundin in den „Mädels-Urlaub“. Ein bisschen wie „Sommerferien“ sei es, meint Kerber. Wohin es geht, hat sie noch nicht entschieden. Nur warm soll es sein. Damit es beim Sprung in den Pool nicht erneut eine kalte Überraschung gibt.

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