Neuner erklärt ihren Rücktritt: Anfang vom Ende bei Olympia

Leogang (dpa) - Magdalena Neuner ist froh, dass ihre Rücktrittserklärung publik ist. Erstmals hat die 24-Jährige schon nach ihren Olympiasiegen ans Aufhören gedacht. Die Chance auf eine Rückkehr bezifferte sie als „klitzeklein, vielleicht cirka zwei Prozent.

Also eher nicht.“

Der Olympia-Stress war es. Trotz oder gerade wegen zweimal Gold. „Ich habe schon das erste Mal über das Aufhören nachgedacht nach Olympia. Das ist jetzt schon zwei Jahre her. Da habe ich das erste Mal im Frühjahr den Gedanken gehabt, Mensch willst du das überhaupt noch?“, sagte Magdalena Neuner am Tag nach der über ihre Homepage verbreiteten Rücktrittsankündigung.

„Die Leute sollten wissen, wie ich selber darüber denke“, begründete Neuner, ihre Entscheidung das Karriereende im kommenden März auf diese Art und Weise publik zu machen. „Der Text ist gereift, ist gewachsen. Da ist wirklich viel Herz drin.“ Die Chance auf eine Rückkehr in den Biathlon-Zirkus bezifferte die Doppel-Olympiasieger am Donnerstag so: „Klitzeklein vielleicht, circa zwei Prozent. Also eher nicht.“

Draußen schneite es, drinnen im Hotel saß die Rekordweltmeisterin mit schicker Frisur in Jeans und roter Team-Strickjacke. Sie erzählte eine halbe Stunde lang, warum sie mit gerade einmal 25 Jahren am Ende der Saison ihre so erfolgreiche Sport-Karriere beenden wird. „Es gibt viele Beweggründe. Es ist aber nicht so, dass ich keinen Bock mehr habe auf Sport. Ich habe unheimlich viel Spaß an dem Sport“, sagte sie. Später stellte sie fest, und das Lächeln aus dem Gesicht war verschwunden: „So schön es war bei Olympia zu gewinnen, am Ende bist du nur rumgeschubst worden. Das hat mich zum Nachdenken gebracht.“

Was sie nach dem Winter machen wird, hat sie am Mittwoch noch nicht verraten. „Jetzt mal ganz ehrlich“, sagte sie und schaute mit ernstem Gesichtsausdruck in die Runde, „in Zukunft werde ich Wetten dass moderieren. Deshalb habe ich auch keine Zeit mehr für den Sport.“ Dann lächelte die 24-Jährige über ihren Witz. Überhaupt war sie gut drauf. So sollte ihre Teamkollegin Miriam Gössner allen Journalisten scherzhaft sagen: „Wir sind froh, dass die blöde Kuh weg ist.“

Doch noch ist Deutschlands Glamour-Girl im Biathlon-Zirkus unterwegs. „Eigentlich wäre es mir persönlich am liebsten, dass ich mich in Zukunft auf den Sport konzentrieren kann. Ich möchte den Kopf freihaben für die Wettkämpfe.“ Die zweimalige Gesamtweltcup-Siegerin wird beim Finale in Chanty-Mansijsk, wo sie Mitte März ihren bislang zehnten und letzten WM-Titel gewonnen hat, ihre letzten Rennen bestreiten. „Dann wird gefeiert“, kündigte sie an.

Vorher steht die Heim-Weltmeisterschaft in Ruhpolding (29. Februar bis 11. März) auf dem Programm. „Ich werde mich vielleicht noch mehr ins Zeug legen, als sonst“, sagte sie. Mit sechs Medaillen will sie in ihrer bayerischen Heimat glänzen. Und in Hochfilzen will sie am Freitag und am Samstag im Sprint und in der Verfolgung ihr Gelbes Trikot der Weltcup-Spitzenreiterin verteidigen.

Der Grund ihres frühen Rücktritts ist deshalb vor allem bei ihrer ersten und nun auch letzten Olympia-Teilnahme in den Bergen von Whistler zu suchen. „Das Drumherum war nicht so, wie ich es mir erträumt und gewünscht habe. Ich habe immer gedacht, bei Olympia steht der Sportler im Vordergrund“, sagte sie.

Sie habe geglaubt, es gehe um diesen Spirit, um das Zusammenkommen. Sie habe sich alles ein bisschen anders vorgestellt. „Am Ende war es mit wahnsinnig viel Stress verbunden.“ Und deshalb spukte irgendwann der Gedanke im Hinterkopf, „will ich das noch einmal mitmachen, will ich Sotschi mitmachen? Und da war für mich das Gefühl, das möchte ich nicht. Einmal hat gereicht.“

Der Rummel in Wallgau war groß, als die Entscheidung publik wurde. „Als die Nachricht gestern raus kam, ging es dermaßen ab. Ich habe mal die Fußspuren im Garten gezählt“, erzählte Magdalena Neuner. „Ich war teilweise etwas schockiert, denn Werte, die ich mitgekriegt habe, wie Anstand und Respekt, wurden mir gestern teilweise nicht so entgegengebracht.“

Es sei noch einmal ein Aha-Erlebnis gewesen, „aber mittlerweile kann ich damit ganz gut umgehen.“ 2007, als ihr Stern bei der WM in Antholz aufgegangen war, war das noch anders, da setzte ihr der Rummel zu. „Alle sprechen vom Burnout, ich glaube, ich war da auch nicht mehr weit weg.“

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