Feuertaufe für Trainerin Niemann-Stirnemann

Berlin (dpa) - Nach einem halben Jahr als Verbandstrainerin steht Gunda Niemann-Stirnemann bei den deutschen Meisterschaften vor der ersten Bewährungsprobe. Vor allem die Rückkehr von Stephanie Beckert ist eine Herausforderung, die nicht von heute auf morgen zu lösen ist.

Feuertaufe für Trainerin Niemann-Stirnemann
Foto: dpa

Die Ausgangsposition ist nicht berauschend, doch die „Gold-Gunda“ lässt sich nicht unter Druck setzen. „Ich will mich nicht an den Erfolgen von Stephan Gneupel orientieren. Für mich beginnt alles bei Null, und ich will das Beste daraus machen“, erklärte Gunda Niemann-Stirnemann, die mit 19 WM-Titeln noch immer erfolgreichste Athletin der Eisschnelllauf-Geschichte ist, vor ihrer ersten Bewährungsprobe als Trainerin bei den deutschen Meisterschaften am Wochenende.

Bundestrainer Gneupel war nach der enttäuschenden Olympia-Saison in den Ruhestand gegangen, seine einstige Athletin Gunda Niemann hatte im Frühjahr das Training der Mehrkämpfer am Stützpunkt Erfurt und damit auch die Betreuung der Beckert-Geschwister übernommen. „Wir müssen realistisch sein: Derzeit gibt es die schlechtesten Voraussetzungen, die wir je in der DESG hatten“, beklagte die 48 Jahre alte Thüringerin.

Wegen des ersten medaillenlosen Olympia-Abschneidens seit 50 Jahren leidet die Deutsche Eisschnelllauf-Gemeinschaft (DESG) unter finanziellen Einschnitten und strich die traditionellen Trainingslager in Livigno und Font Romeu. Doch Gunda Niemann machte aus der Not eine Tugend: Sie verlegte zum Beispiel das Radtraining in die Berge Thüringens und versuchte die Ausdauer-Werte ihrer Topläufer zumindest auf Vorjahresniveau zu halten. „Der Job ist eine große Herausforderung. Aber wenn mir bange wäre, hätte ich ihn nicht angenommen“, sagte Niemann-Stirnemann der Nachrichtenagentur dpa. Ein bisschen aufgeregt sei sie vor dem Titelkampf trotzdem.

Acht Eisschnellläufer führt die dreimalige Olympiasiegerin in Berlin an den Start, die prominentesten von ihnen sind Stephanie und Patrick Beckert. Patrick machte bereits mit Topzeiten über 3000 und 5000 Meter auf sich aufmerksam und ist mit Platz sechs bei Olympia als einziger Erfurter für die Weltcups vornominiert. „Es gibt eine sehr offene Zusammenarbeit. Wir haben viele Gespräche geführt, wie er die Grundlagen dafür schaffen kann, damit sich seine Wünsche erfüllen“, berichtete Niemann.

Genau analysiert hat sie inzwischen die im Olympia-Jahr unbefriedigende Leistung von Stephanie Beckert. Zwei Sekunden pro Runde fehlten der Team-Olympiasiegerin von 2010 beim Saisonausklang zur Weltspitze. „Eine Analyse hat klar den Nachweis gebracht: Seit Vancouver ist es bei ihr bergab gegangen. Alles auf mentale Probleme zu schieben, ist zu einfach. Steffi ist derzeit weit weg von der Weltspitze. Und es wird viel Ruhe und Kraft kosten, sie dort wieder hin zu bringen“, sagte die „Eisschnellläuferin des Jahrhunderts“. Von April bis Mai stand für Beckert zudem ein Feldwebel-Lehrgang bei der Bundeswehr an. „In viereinhalb Monaten ist dieser Rückstand nicht aufzuholen“, weiß Niemann und fügte hinzu: „Ich vertraue ihr, aber wir dürfen keine Wunder erwarten“.

Ganz ehrlich habe man die Problematik besprochen und immer wieder die Frage gestellt: „Warum geht es nicht wie früher?“, berichtete die neue Hoffnungsträgerin auf der Trainerbank, die derzeit keine Ambitionen hegt, sich um die ausgeschriebene Position des Cheftrainers zu bewerben. „Ich will mit den Sportlern arbeiten und nicht im Büro sitzen“, begründete sie. Doch Illusionen über das Niveau des deutschen Eisschnelllaufs hat Gunda Niemann-Stirnemann nicht. „Uns fehlen derzeit Spitzenläufer: Deshalb ist es gut, dass es bei den Sprintern wie Nico Ihle und Samuel Schwarz vorangeht und auch Claudia Pechstein noch weitermacht.“

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