Pechstein-Anwalt geht gegen Sportgerichte vor

Berlin (dpa) - Die Sperre von Claudia Pechstein soll die zuständigen Sportverbände teuer zu stehen kommen - dafür will der Rechtsanwalt Thomas Summerer wie einst bei Katrin Krabbe vor dem Münchner Landgericht sorgen.

Summerer zieht im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa wegen der zwangsweisen Unterwerfung und des zwangsweisen Ausschlusses staatlicher Gerichte sogar die höchste Sportschiedsgerichtsbarkeit in Gestalt des Internationalen Sportgerichtshofs CAS in Zweifel. „Es hat nur noch kein Athlet gewagt, das zum Einsturz zu bringen“, sagt der ehemalige Direktor für Recht und Personal bei der Deutschen Fußball Liga.

Eine überhastete Sperre von Pechstein ohne ausreichende Grundlage, dafür aber mit weitreichenden Folgen für die Olympiasiegerin kreidet Summerer der Internationalen Eislauf-Union (ISU) und der mit verklagten Deutschen Eisschnelllauf-Gemeinschaft (DESG) an. Und will daher Schadenersatz in Millionenhöhe, wie er ihn 2001 für Ex-Sprinterin Krabbe vom Leichtathletik-Weltverband (IAAF) erstritt.

Der Fall Pechstein werde sich nicht nur wegen der 150-seitigen Klageschrift hinziehen. „Wir haben in diesem Fall die Sport- und Schiedsgerichtsbarkeit im Grundsatz angegriffen“, sagt Summerer. „Es ist immer noch so, dass viele Sportverbände nicht wahrhaben wollen, dass sie die Sportler überführen müssen. Wenn man die Ursache nicht kennt, kann man nicht sagen, der Athlet muss sich entlasten.“ Mit einer ersten Gerichtsverhandlung rechnet er Mitte 2013, theoretisch steht der Weg durch alle Instanzen bis zum Bundesgerichtshof offen.

Pechstein war wegen ihrer erhöhten Retikulozytenwerte 2009 für zwei Jahre gesperrt worden und mit ihren Einsprüchen vor allen sportrechtlichen Instanzen gescheitert. Es werde nun aber nicht mehr infrage gestellt, dass eine ererbte Blutanomalie die Ursache für die auffälligen Werte gewesen sei, unterstreicht Summerer.

Bei Krabbe war das damals noch nicht verbotene Kälbermastmittel Clenbuterol gefunden worden, der Einjahressperre durch den Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV) folgte eine zusätzliche zweijährige durch die IAAF, wogegen die Sprinterin erfolgreich vorging. Pechstein war nur wegen eines indirekten Nachweises suspendiert worden - „ohne das gesicherte Wissen, dass es Doping ist“, betont Summerer. Die Sperre sei daher überstürzt, leichtfertig und grob fahrlässig erfolgt. Auch dem CAS warf er vor, sich nicht die Mühe gemacht zu haben, die sich ein staatliches Gericht gemacht hätte.

Noch vor der Einreichung der Klage zum Jahresende 2012 seien ISU und DESG angeschrieben worden, berichtet der Jurist. Beide hätten eine Haftung abgelehnt, obwohl „es der ISU gut zu Gesicht gestanden hätte, sich zu ihrem Fehler zu bekennen“. Einer der damals mit dem Fall beschäftigten ISU-Gutachter, Pierre-Edouard Sottas, soll in der Auseinandersetzung nun als Zeuge geladen werden.

Von der Klage gegen die ISU hatte Pechstein am 21. Dezember vorab schriftlich die deutschen Athleten, Trainer und Funktionäre informiert. „Da habe ich von der Mannschaft bisher so gut wie gar keine Reaktion bekommen“, sagte die 40 Jahre alte Berlinerin vor dem EM-Start in Heerenveen und vermutet, die Teamkollegen hätten sich nicht allzu sehr damit beschäftigt, weil es sie nicht direkt betreffe und sie sich letztendlich mit ihren eigenen Leistungen befassen würden. In der Mannschaft habe es keine Gesprächsrunde zum Thema gegeben, sagte Langstreckler Moritz Geisreiter. Man müsse sich erst umfassend mit dem Fall beschäftigen, um ihn vollends nachvollziehen zu können, fügte der Inzeller hinzu. Das ist nun Aufgabe des Münchner Landgerichts.

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