Pechsteins Millionen-Kampf - Gerichts-Marathon droht

Berlin (dpa) - Claudia Pechstein benötigt bei ihrem anstehenden juristischen Kampf um Millionen einen langen Atem. Die fünfmalige Eisschnelllauf-Olympiasiegerin will in der Auseinandersetzung um ihr ramponiertes Image und viel verlorenes Geld aber nicht locker lassen.

Fristgerecht reichte Pechstein zum letzten Tag des Jahres ihre seit Oktober 2011 angekündigte Schadenersatzklage gegen den Eislauf-Weltverband ISU beim Landgericht München ein. „Ich werde den Kampf unter Aufbietung meiner letzten Mittel und unter Ausnutzung sämtlicher Möglichkeiten führen“, kündigte Pechstein an.

Nachdem sie am 8. Februar 2009 wegen schwankender Retikulozyten-Blutwerte für zwei Jahre gesperrt worden war, hatte Pechstein auf sportrechtlichem Wege alle Möglichkeiten bis hin zum Internationalen Sportgerichtshof CAS sowie dem Schweizer Bundesgericht ausgeschöpft und alle Revisions-Prozesse verloren. Inzwischen ist aber medizinisch anerkannt, dass die Gründe für ihre erhöhten Blutwerte in einer vom Vater vererbten Blutanomalie liegen. „Ich werde den Kampf um meine Ehre erst beenden, wenn der Weltverband sich zu dem verhängnisvollen Fehlurteil bekannt hat oder die Fehler von einem Gericht festgestellt worden sind“, erklärte sie.

Mit der Millionenklage versucht die 40 Jahre alte Hauptstädterin nicht nur, ihren durch die Sperre ramponierten Ruf aufzubessern. „Der Rufschaden meiner Person - und das ist mir sehr wohl klar - ist irreparabel“, meinte Pechstein. Ihr materieller Schaden belaufe sich durch entgangene Sponsorengelder, Gerichtsgebühren, Anwalts- und Gutachterkosten auf mehrere Millionen Euro.

Neben der ISU wird auch die Deutsche Eisschnelllauf-Gemeinschaft DESG verklagt, weil sie die Sperre in Deutschland durchgesetzt hatte. Die erfolgreichste deutsche Winterolympionikin informierte daher am 21. Dezember in einer Rundmail Auswahl-Athleten, Funktionäre und Trainer über ihren Schritt. Ihr Ziel sei es nicht, „dem Eisschnelllauf-Sport zu schaden, sondern mein Recht zu bekommen“.

Bei der DESG stieß die Klage am Sonntag auf verhaltenes Echo. „Es ist ein Weihnachtsgeschenk ganz anderer Art“, sagte Sportdirektor Günter Schumacher der Nachrichtenagentur dpa. Man werde sich kommende Woche zusammensetzen und beraten, wie mit dem Fall umzugehen sei. „Wir haben uns nichts vorzuwerfen. Es dürfte nicht ihr Ansinnen sein, uns in die Haftung zu nehmen. Es ist eine rein juristische Notwendigkeit“, meinte DESG-Präsident Gerd Heinze.

Pechstein wird bei ihrer Klage von Rechtsanwalt Thomas Summerer unterstützt, der Sprinterin Katrin Krabbe im Jahr 2001 zu einem Schadenersatz von 1,5 Millionen Mark vom Leichtathletik-Weltverband IAAF verholfen hatte. „Die Erfolgsaussichten sind so gut wie bei Krabbe“, erklärte Summerer der „Berliner Morgenpost“ (Samstag).

Seit drei Monaten arbeitet er gemeinsam mit den Anwälten Simon Bergmann und Christian Krähe an der Klage und hat die gut 150 Seiten umfassende Schrift aufgesetzt. „Beide Fälle haben eine große Ähnlichkeit miteinander. Es geht um grobe Fehler eines internationalen Sportverbandes und um Grundrechte, die verletzt worden sind“, sagte Summerer.

Der Anwalt befürchtet ein ähnlich langes Verfahren wie damals im Fall Krabbe, als eine Einigung 2001 erst nach sieben Prozess-Jahren zustande kam. Summerer geht nun davon aus, dass Mitte 2013 die erste Verhandlung ansteht, weiteren Instanzen könnten folgen. Im Fall Krabbe ging es um den Missbrauch von Clenbuterol, das damals noch nicht auf der Dopingliste stand. Krabbe wurde vom DLV für ein Jahr gesperrt, der Weltverband hängte zu Unrecht noch zwei Jahre dran. Damals habe sich die IAAF „lange sehr arrogant verhalten“, aber letztlich doch einem Vergleich zugestimmt, erinnerte sich Summerer.

Auf dem Eis hatte Pechstein nach ihrer Sperre sofort wieder den Anschluss an die Weltspitze gefunden. Bei den Weltmeisterschaften 2011 und 2012 holte sie sich Anhieb Medaillen. Im November kam sie mit 40 Jahren in Kolomna zum 29. Weltcupsieg und verbuchte eine Woche später ihre 100. Podestplatzierung im Eisschnelllauf-Weltcup.

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