Fluch der guten Tat: Neureuther schürt WM-Hoffnungen

Cortina d'Ampezzo (dpa) - Felix Neureuther fährt zwei Wochen vor den Ski-Weltmeisterschaften in der Form seines Lebens. In Wengen gewann der 28-Jährige das vierte Weltcup-Rennen seiner Karriere. Die steigenden Erwartungen für die WM sind dabei aber eine ungeliebte Begleiterscheinung.

Nach der Freude über zwei Weltcup-Siege binnen einer Stunde kam der Gedanke an die Konsequenzen. Viktoria Rebensburg galt schon vor ihrem Sieg im Super-G von Cortina d'Ampezzo als Medaillenkandidatin bei den Weltmeisterschaften, wenn auch eher im Riesenslalom. Aber auch Neureuther musste sich nach dem Erfolg Fragen zu seiner Rolle in Schladming anhören - wo ihn mancher wegen der bislang so starken Saison spätestens seit Sonntag schon auf dem Treppchen sieht. Und das wiederum - bei allem Stolz - gefällt Alpindirektor Wolfgang Maier nicht.

„Dass der Felix in Wengen gewinnt, ist eine Sensation“, sagte Maier voller Freude und scherzte darüber, dass Neureuther zum ersten Mal „den Hirscher in freier Wildbahn erlegt hat“. Dass durch das gewonnene Duell mit Slalom-Ass Marcel Hirscher aber gleich Titelhoffnungen für die Titelkämpfe in zwei Wochen geschürt werden, passt Maier nicht. Er wolle nicht, „dass wir in die Position des Müssens reingedrückt werden“. Denn Siegesdruck sei für Neureuther noch nie gut gewesen.

Der weiß das. Bei den Heim-Weltmeisterschaften in Garmisch-Partenkirchen ließ sich der 28-Jährige 2011 so sehr von seinen Fans, seinem Umfeld und sich selbst in die Favoritenrolle drängen, dass er jeglichen Spaß an den Wettkämpfen verlor, verkrampfte und nach Rang 22 im ersten Slalom-Lauf den Erfolg im zweiten Durchgang erzwingen wollte. Und ausschied.

So bitter die Erfahrung vor zwei Jahren war: Neureuther hat daraus gelernt. In dieser Saison fährt er so konstant und so gut wie noch nie. Nach elf Rennen stehen zwei Siege und insgesamt fünf Podestplätze in den Statistiken. Mit einer Ausnahme kam der Partenkichener immer in die Top Ten, und: Er kam immer ins Ziel. Trotz des Höhenflugs ist der Technikspezialist bescheiden geblieben. Selbst nach dem Mini-Rückstand auf Hirscher nach dem ersten Durchgang wollte er nicht von einer Siegchance sprechen. „Ich bin eher einer, der bodenständig denkt und eher mal tiefstapelt und dann einen rausknallt.“

Mit Blick auf die am 4. Februar beginnende WM in Österreich sagte Neureuther daher: „Ich probiere einfach weiter locker zu bleiben und hart an mir zu arbeiten. Ich denke, dass ich dann bei der WM eine gute Rolle spielen kann. Ich will das jetzt nicht anhand von Platzierungen festlegen. Wenn ich meine Leistung bringe, dann weiß ich, dass ich schwer zu schlagen bin.“

Neben Neureuther hat auch Fritz Dopfer die Qualifikation für Schladming mühelos gemeistert. Der 25-Jährige sicherte sich in Wengen mit Platz sechs sein bestes Slalom-Resultat der Saison. Doch auch wenn Dopfer nicht als Tourist in die Steiermark fahren wird - Maier bremst die Erwartungen. „Insgesamt sind wir noch in einer Außenseiterposition, weil wir nicht so viele Läufer haben, wenn man es genau betrachtet“, sagte er.

Zu den potenziellen Medaillenkandidaten zählen für ihn Rebensburg, Neureuther, Dopfer und Maria Höfl-Riesch. Die 28-Jährige steckt zwar aktuell in einem Formtief und plagte sich in Cortina d'Ampezzo neben ihrem Abfahrts-Aus und dem 19. Platz im Super-G zudem mit einer Grippe herum. Aber: „Es gibt kaum eine Läuferin, die so schnell zurückkehrt“, sagte Maier. „Die Maria kannst du nicht ausrechnen.“

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