Vom Trainer zum Kritiker: Neue Perspektiven für Behle

Toblach (dpa) - Kopfhörer statt Pudelmütze, Mikrofon statt Stoppuhr - das Leben des Jochen Behle hat sich grundlegend geändert. Über Jahre hinweg war Behle das Gesicht des deutschen Skilanglaufs. Erst als Athlet, dann als Bundestrainer.

Nun ist er als Co-Kommentator im Fernsehen zurück.

Nach seinem Rücktritt als Bundestrainer nach Abschluss der vergangenen Saison schien es still um ihn zu werden, zumal Behle selbst kein gesteigertes Interesse zeigte, irgendwo anders seine reichhaltigen Erfahrungen weiterzugeben. „Die Sache mit dem Fernsehen ist aber nur ein kleines Zubrot. Es bringt mich zurück zu meinen Mädels und Jungs. Das bleiben sie, auch wenn ich nicht mehr ihr Trainer bin“, sagt Behle.

Der deutsche Skilanglauf wird dauerhaft mit dem Namen Behles in Verbindung gebracht werden. Als Athlet schaffte er es praktisch als Einzelkämpfer zu einem gewissen Bekanntheitsgrad. Nach seinem Einstieg als Bundestrainer erlebte der Deutsche Skiverband eine schier unglaubliche Erfolgsserie: Zwei Olympiasiege, drei Weltmeistertitel, vier Siege im Gesamtweltcup. Behle war omnipräsent, gab im Fernsehen selbst während der Rennen Statements ab, analysierte locker und verständlich das Auftreten seiner Schützlinge.

Als der mittlerweile 52-Jährige aber merkte, dass seine Vorstellungen nicht mehr umsetzbar waren, zog er die Konsequenzen. „Es gab einiges, was nicht funktionierte. Wir waren kein Team mehr, es gab zu viele Sondergenehmigungen. Um erfolgreich zu sein oder wieder zu werden, hätte es wieder Veränderungen geben müssen. Doch die wurden nicht von allen mitgetragen“, sagt Behle rückblickend. Zornig ist er aber nicht.

Auch jetzt sieht er mannschaftsintern zu viele Grüppchen, um auf Dauer ein erfolgreiches Team zu bilden. Doch das ist nicht mehr seine Baustelle. Am Rande der Tour de Ski sah man ihn mehrfach mit seinem Nachfolger Frank Ullrich diskutieren - unaufgeregt, sachlich.

„Ich bin doch Fan dieser Sportart, hänge mit dem Herzen daran. Warum soll ich mich denn nicht mit den Leuten austauschen, mit denen ich jahrelang zusammen war?“, fragt der Hesse, der die Sicht aus Kommentatorenperspektive beim Spartensender Eurosport toll findet. „Für mich ist das ganz relaxt, den Sport zu betrachten. Klar habe ich Erfahrungen, kann Strecken und Taktiken schnell überblicken. Ich weiß nach wie vor viel, werde aber im Fernsehen nicht alles verraten“, sagt Behle.

Eine Rückkehr als Trainer findet nicht statt. „Das reicht“, betont er. Mittlerweile arbeitet er als Sportdirektor Ski nordisch und Biathlon für den hessischen und westdeutschen Skiverband. Dort geht es vor allem darum, neue Strukturen für den Leistungssport aufzubauen. Damit ist er bis 2014 ausgelastet.

Die Nachfolge von DSV-Sportdirektor Thomas Pfüller nach den Olympischen Winterspielen 2014 wird er definitiv nicht antreten. „Ich hatte das Angebot und habe es abgelehnt. Das ist ein Stressjob ohnegleichen“, erklärte Behle. „Man müsste das mindestens zwei Olympia-Zyklen lang machen. Dann wäre ich schon fast im Rentenalter. Da müssen Jüngere ran.“

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