Erneut sterben Zivilisten bei israelischen Angriffen in Gaza

Gaza/Tel Aviv (dpa) - Durch Granatenbeschuss sind im Gaza-Streifen Dutzende palästinensische Zivilisten getötet worden. Am Mittwoch starben in einer UN-Schule und auf einem Marktplatz mindestens 40 Menschen, wie ein Sprecher der palästinensischen Gesundheitsverwaltung in Gaza mitteilte.

Erneut sterben Zivilisten bei israelischen Angriffen in Gaza
Foto: dpa

Die USA verurteilten den israelischen Beschuss der UN-Schule im Flüchtlingslager Dschabalia. Dabei seien „Dutzende unschuldige Palästinenser“ ums Leben gekommen, darunter auch Kinder und humanitäre Helfer, sagte Bernadette Meehan, eine Regierungssprecherin im Weißen Haus, der dpa. Mit Blick auf die militant-islamische Hamas verurteilte Meehan auch diejenigen, die die Verantwortung dafür tragen, dass Waffen in UN-Einrichtungen versteckt worden seien. Dies zeige die Notwendigkeit eines Waffenstillstandes.

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon sagte bei einem Besuch in Costa Rica: „Es gibt nichts beschämenderes als schlafende Kinder anzugreifen.“ Die Vereinten Nationen hätten Israel den Standort der Mädchenschule mehrfach mitgeteilt, zum letzten Mal wenige Stunden vor dem Beschuss. „Ich verurteile diesen Angriff auf das Schärfste. Er ist durch nichts zu rechtfertigen.“

Bans Stellvertreter Jan Eliasson sagte in New York: „Manchmal fehlen die Worte.“ Das Grauen im Gaza-Streifen müsse gestoppt werden: „Wir sind an dem Punkt, an dem man sagen muss: Genug ist genug.“

Beim Beschuss einer Schule der Hilfsorganisation UNRWA waren im Flüchtlingslager Dschabalia im nördlichen Gazastreifen 20 Menschen gestorben. Eine Sprecherin der israelischen Armee sagte dazu, militante Palästinenser hätten in der Nähe der Schule Mörsergranaten auf israelische Soldaten abgefeuert. Die Truppen hätten das Feuer erwidert.

Israelische Panzergranaten töteten nach Angaben der Rettungsdienste Stunden später mindestens 20 weitere Palästinenser auf einem Marktplatz im Stadtteil Sadschaija. Mindestens 200 Menschen erlitten Verletzungen, wie es hieß. Die Bewohner des umkämpften Stadtviertels waren zum Markt geströmt, nachdem Israel eine vierstündige humanitäre Feuerpause erklärt hatte, die allerdings von der militant-islamischen Hamas als „Täuschungsmanöver“ abgelehnt wurde. Eine Armeesprecherin in Tel Aviv sagte, dass das Militär den Vorfall noch prüfe.

Der seit dem 8. Juli andauernde Militäreinsatz in dem Palästinensergebiet ist inzwischen Israels längster Krieg seit 2006. Er dauert schon länger als die Konflikte im Gazastreifen in den Jahren 2009 und 2012.

Seit Beginn der Offensive starben nach neuesten Angaben des Gesundheitsministeriums in Gaza 1349 Menschen, etwa 7500 wurden verletzt. Laut israelischem Militär starben 56 Soldaten und 3 Zivilisten, 2670 Raketen seien seit dem 8. Juli auf israelisches Territorium abgefeuert worden.

Militante Palästinenser setzten auch am Mittwoch ihre Raketenangriffe auf israelische Orte fort. Im südlichen Gazastreifen starben drei israelische Soldaten, als sie einen Angriffszwecken dienenden Tunnel der Hamas entdeckten, der mit Sprengfallen präpariert war, wie das Militär mitteilte.

Der im Untergrund agierende Militärchef der Organisation machte eine Waffenruhe im Gazakonflikt vom Ende der israelischen Militäroffensive abhängig. Auch die Blockade der Enklave am Mittelmeer müsse aufgehoben werden, sagte Mohammed Deif am Dienstag in einer über den TV-Sender der Hamas verbreiteten Audio-Botschaft. Es war die erste öffentliche Äußerung des Anführers des bewaffneten Flügels der radikal-islamischen Organisation, der Kassam-Brigaden, seit Beginn der Offensive vor mehr als drei Wochen.

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) rief Israelis und militante Palästinenser auf, umgehend die Kämpfe einzustellen. „Beide Seiten sind aufgerufen, einer sofortigen humanitären Feuerpause zuzustimmen und den Weg der Verhandlungen über eine langfristige Waffenruhe auf der Basis des ägyptischen Vorschlages wieder aufzunehmen“, erklärte der SPD-Politiker. Deutschland stellt für die humanitäre Hilfe im Gazastreifen zusätzlich 8,5 Millionen Euro zur Verfügung.

Chile, Peru und El Salvador äußerten sich besorgt über die Lage und riefen ihre Botschafter in Israel zu Konsultationen zurück. Die fünf Staaten des südamerikanischen Mercosur-Blocks riefen bei ihrem Gipfel in Caracas zum sofortigen Waffenstillstand im Gazastreifen auf. Boliviens Präsident Evo Morales nannte Israel wegen der Gaza-Operation einen „Terror-Staat“. Das israelische Außenministerium äußerte in einer Erklärung „Enttäuschung“ über die Schritte dieser Staaten.

Israel begründet seine Offensive mit dem anhaltenden Raketenbeschuss radikaler Palästinenser. Zerstört werden soll auch das Tunnelsystem der Hamas.

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