Ärzte: Verzicht bei Medizinern löst Pflege-Not nicht

Berlin (dpa) - Krankenhäuser und Mediziner haben mit Entrüstung auf einen CDU-Vorstoß reagiert, wonach Klinikärzte auf Gehaltssteigerungen zugunsten von mehr Pflegekräften verzichten sollen.

Ärztepräsident Frank Ulrich Montgomery nannte es am Donnerstag wenig hilfreich, den einen Gesundheitsberuf gegen den anderen ausspielen zu wollen. Der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), Georg Baum, sagte: „Die Lösung der Personalfinanzierung der Krankenhäuser liegt im Verzicht auf Kürzungen und in der Aufhebung der gesetzlichen Vergütungsdeckelung.“

Der CDU-Gesundheitspolitiker Jens Spahn hatte ein Sonderprogramm mit 15 000 neuen Stellen für Krankenschwestern zur Bekämpfung des Pflegenotstandes ins Gespräch gebracht. Der Zeitung „Die Welt“ sagte er: „Wir können uns ein Pflegeprogramm vorstellen wie in den Jahren 2009 bis 2011, als Tausende Pflegestellen neu geschaffen wurden.“ Um die neuen Stellen zu finanzieren, sollten die Klinikärzte 2013 „mal zu Gunsten der Pflegekräfte auf Gehaltssteigerungen verzichten“. Ein Arzt im Krankenhaus verdiene schließlich nicht schlecht.

Die Medizinergewerkschaft Marburger Bund will bei den am 10. Januar beginnenden Tarifverhandlungen für die rund 50 000 Ärzte an den kommunalen Kliniken 6 Prozent mehr Gehalt erreichen. Die Arbeitgeber haben die Forderung bereits zurückgewiesen.

Der Präsident der Bundesärztekammer, Montgomery, sprach angesichts von Ärztemangel und Unterversorgung in den Kliniken von einer politischen Schnapsidee Spahns. „Wenn wir gute Medizin erhalten wollen, dann müssen wir die Gesundheitsberufe endlich gerecht bezahlen und nicht weiter an der Demotivationsschraube drehen.“

Der Vorsitzende des Marburger Bundes, Rudolf Henke, kritisierte: „Die Idee, durch eine Kollekte bei den Ärzten könnten mehr Stellen für die Pflege geschaffen werden, hilft weder tarifpolitisch noch gesundheitspolitisch weiter.“ Wer das fordere, setze sich dem Vorwurf politischer Einmischung in Tarifverhandlungen oder kalkulierter Effekthascherei aus.

DKG-Hauptgeschäftsführer Baum sagte, ein Verzicht auf eine Gehaltserhöhung bringe keine Lösung. „Nicht realisierbare Gehaltserhöhungen zur Finanzierung von mehr Personal in den Krankenhäusern sind vielleicht gut gemeint, haben aber die Qualität einer Luftbuchung.“ Bei den Krankenhäusern würden zudem in den nächsten zwei Jahren weitere Kürzungen in Höhe von 750 Millionen Euro vollzogen. „Das sind Mittel, die den Häusern fehlen, beim Gesundheitsfonds und den Kassen den Milliarden-Überschuss aber weiter erhöhen“, sagte Baum.

Die gesetzliche Krankenversicherung schwimmt derzeit im Geld. Zu einem Finanzpolster von 14 Milliarden Euro bei den einzelnen Krankenkassen kommt nach jüngsten Zahlen eine Reserve von rund 9,5 Milliarden Euro beim Gesundheitsfonds, der Geldsammelstelle der Kassen.

Florian Lanz, Sprecher des GKV-Kassenspitzenverbandes, sagte der Nachrichtenagentur dpa: „Die Zahlungen der Kassen an die Krankenhäuser steigen im kommenden Jahr um rund 2,4 Milliarden Euro auf zirka 64,7 Milliarden Euro. Es ist die Aufgabe der Kliniken und ihrer Verbände, das viele Geld richtig einzusetzen.“

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