Analyse: Bauernopfer? - Seehofer und der Fall Strepp

München (dpa) - Sein angeblicher Drohanruf beim ZDF kostet CSU-Sprecher Strepp den Job. Aber hat Parteichef Seehofer die Affäre damit ausgestanden? Nein, natürlich nicht - sagt die Opposition.

Dass Horst Seehofer im bayerischen Landtag das Wort ergreift, ist - abgesehen von Regierungserklärungen - ein seltener Vorgang. An diesem Donnerstag aber kann er nicht anders. Der CSU-Chef muss persönlich Stellung nehmen zu der Affäre, die seine Partei zu diesem Zeitpunkt seit nicht einmal 48 Stunden erschüttert. Und die den Parteisprecher Hans Michael Strepp nun das Amt kostet.

Strepp soll mit einem Drohanruf in der „heute“-Redaktion des ZDF am Sonntag versucht haben, einen Bericht über den bayerischen SPD-Parteitag zu verhindern. Der 44-Jährige bestreitet das nach wie vor. Doch auch das ZDF bleibt bei seiner Darstellung. „Die Intention des Anrufs war eindeutig“, erklärt ZDF-Intendant Thomas Bellut.

Und weil damit weiterhin Aussage gegen Aussage steht, bleibt - so sagt es Seehofer - nichts anderes übrig, als dass Strepp seinen Posten räumt. Das passiert um die Mittagszeit. Seehofer eilt noch einmal aus der Landtagssitzung, um ein zweites Mal an diesem Tag mit Strepp zu reden. Der Sprecher sei schließlich die Schnittstelle zu den Medien, deshalb könne er seinen Job unter den Umständen nicht weiterführen, sagt Seehofer nachher. Und fügt hinzu: „Ich danke ihm auch für diese Größe, die er hier durch diesen Schritt zeigt.“

Für die Opposition freilich ist Strepp nur ein Bauernopfer. Aus allen Rohren, aus München und Berlin, schießen sich SPD und Grüne nun auf Seehofer ein, aber auch auf CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt. Nach dem Motto, es könne doch gar nicht sein, dass ein so korrekter Mann wie Strepp derart eigenmächtig gehandelt habe.

„Wir wollen wissen, wer die Verantwortung für den Anruf des Pressesprechers trägt“, betont SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles. „Horst Seehofer will den Blick in den Sumpf verhindern“, sagt SPD-Bundestagsfraktionschef Frank-Walter Steinmeier der „Passauer Neuen Presse“. Grünen-Bundesgeschäftsführerin Steffi Lemke lästert: „Gestern noch stellt sich Herr Dobrindt hinter den Sprecher. Heute hat dieser ein Messer im Rücken. So sehen Bauernopfer aus.“ Bayerns SPD-Fraktionschef Markus Rinderspacher betont, man habe es „mit einer handfesten Causa Horst Seehofer zu tun“. Und Grünen-Fraktionschefin Margarete Bause sagt: „Es geht hier um den Chef des Herrn Strepp.“

Nach all diesen Anwürfen, nach einer hitzigen Debatte mit vielen Zwischenrufen und viele Gejohle geht dann Horst Seehofer ans Rednerpult. Und sagt dort noch einmal das, was er draußen vor dem Saal schon in die Kameras gesagt hat. Dass der Rücktritt Strepps unvermeidlich gewesen sei - weil es eben unterschiedliche Angaben zu dem Anruf beim ZDF gebe. Und dass natürlich niemand in der CSU-Spitze dem CSU-Sprecher am Sonntag die Anweisung zu dem Anruf gegeben habe. „Bitte vermengen Sie jetzt nicht die Causa Strepp mit mir“, bittet der Ministerpräsident die Opposition - freilich völlig vergeblich.

Die bayerische Opposition nämlich wittert an diesem Donnerstag - knapp ein Jahr vor der Landtagswahl - wieder Morgenluft. Vergessen sind die jüngsten Umfragen, in denen SPD, Grüne und Freie Wähler zusammen zehn Prozentpunkte hinter der CSU zurückliegen. An diesem Nachmittag geht es in aller Schärfe gegen Seehofer und die CSU.

SPD-Mann Rinderspacher schimpft, der CSU gehe es nur um den Machterhalt in Bayern - und da sei ihr jedes Mittel recht. Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger kritisiert: „Das System CSU schadet der Demokratie und schadet Bayern.“ Und die Grünen-Politikerin Bause sagt zur CSU: „Sie haben Angst - sonst müssten Sie nicht so handeln.“

Seehofer ahnt oder weiß jedenfalls, dass die Sache für ihn und seine Partei noch nicht ausgestanden ist. „Ich glaube nicht, dass das Thema jetzt auf Knopfdruck erledigt ist“, sagt er. Und schiebt hinterher: „Das würde jeder Lebenserfahrung widersprechen.“

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