Analyse: Feuerpause in Nahost lässt auf sich warten

Jerusalem/Kairo (dpa) - Erstmals seit einer Woche blutiger Gewalt hatten die leidgeprüften Menschen im Gazastreifen und im Süden Israels auf eine gute Nachricht gewartet.

Doch dann kam die Enttäuschung: Doch noch keine Einigung über eine Waffenruhe, teilte das Hamas-Politbüromitglied Isat Rischek am Dienstagabend mit. Auch aus Jerusalem zunächst Fehlanzeige.

Die Hoffnungen hatte der ägyptische Präsident Mohammed Mursi durch optimistische Äußerungen ausgelöst. Israel setzte stattdessen mit noch größerer Härte als zuvor seine Luftangriffe in der Enklave am Mittelmeer fort. Militante Palästinenser beschossen Israel weiter mit Raketen. Eine weitere Nacht mit Angst und Schrecken auf beiden Seiten.

Seit Tagen bemühen sich die Vermittler mit Mursi im Zentrum um eine Übereinkunft zwischen Israel und militanten Palästinensern im Gazastreifen. US-Außenministerin Hillary Clinton flog nach Israel, UN-Generalsekretär Ban Ki Moon und Bundesaußenminister Guido Westerwelle führten in Jerusalem und Kairo Gespräche.

Die Hoffnungen richten sich nun auf einen baldigen Durchbruch in der nahen Zukunft. Wann genau das sein könne, wagte am Dienstagabend allerdings niemand zu sagen. Rischek gab Israel die Schuld an der Verzögerung.

Fast 150 Menschen mussten schon sterben, weit über 1000 wurden verletzt, die überwältigende Mehrheit in der Enklave am Mittelmeer. Dort, in dem ohnehin schon bettelarmen Landstrich, gab es durch bisher 1300 israelische Angriffe in sieben Tagen auch die größten Zerstörungen. Und die Verzweiflung auf beiden Seiten lässt sich nicht in Zahlen fassen.

Israels erklärtes Ziel ist es, die jahrelangen Raketenangriffe aus dem Gazastreifen auf seine eigene Bevölkerung zu unterbinden. Die Hamas will ein Ende der jahrelangen Blockade und der gezielten Tötungen von Anführern der verschiedenen militanten Gruppen. Wo es genau hakt bei den indirekten Gesprächen unter Vermittlung der Ägypter ist unbekannt.

Aber es ist klar, dass Israel nicht viel auf eine Zusicherung der Hamas geben würde, dass es künftig keine Raketenangriffe mehr auf Israel gibt. Zu oft sind solche Zusagen in der Vergangenheit nicht eingehalten worden. Auch eine Öffnung der Grenzen des Gebietes am Mittelmeer ist für Jerusalem inakzeptabel. Dann könnten noch mehr Waffen in den Gazastreifen gelangen als jetzt schon trotz der Blockade. Ganz mit leeren Händen darf die Hamas aber nach dem Kräftemessen mit der hochgerüsteten israelischen Armee nicht dastehen.

Für die 1,7 Millionen im Gazastreifen seit Jahren eingepferchten Menschen ist die Forderung nach einem Ende der Blockade am wichtigsten. Hier könnte nur Ägypten Zugeständnisse machen und den Grenzübergang Rafah weiter öffnen. Bisher dürfen nur Personen passieren.

Vor diesem schwierigen Hintergrund läuft die Vermittlung. Dass Ägypten auch in dieser Krise wieder eine entscheidende Rolle zukommt, ist unbestritten. Und das, obwohl jetzt in Kairo ein Islamist mit guten Beziehungen zur Hamas den Ton angibt und nicht mehr Husni Mubarak, der die gemäßigte Fatah-Bewegung unterstützt hatte. Da die US-Regierung auf Abstand zur Hamas bedacht ist, fiel den Ägyptern die Rolle des Vermittlers zu.

Die Ägypter unterstützen die Hamas in ihrem Bestreben, die Vereinbarung über ein Ende der Feindseligkeiten mit einer Aufhebung der israelischen Blockade des Gazastreifens zu verbinden. „Die Araber werden eine Politik der Blockade mit dem Ziel, die Palästinenser (im Gazastreifen) auszuhungern, niemals akzeptieren“, sagt Außenminister Mohammed Amr.

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