Analyse: Kramp-Karrenbauer hat die Nase vorn

Saarbrücken (dpa) - Annegret Kramp-Karrenbauer hat hoch gepokert und alles auf eine Karte gesetzt. Das Blatt ist für die 49-Jährige aufgegangen: In ihrem ersten „Stresstest“ als Ministerpräsidentin hat sie mit Abstand die Nase vorn bei der Saar-Landtagswahl am Sonntag.

„Ein Felsbrocken“ fiel ihr nach eigenen Worten vom Herzen. Die CDU-Landesvorsitzende kann Chefin einer großen Koalition werden. Rot-Rot wäre zwar rechnerisch möglich, aber SPD-Spitzenkandidat Heiko Maas erteilte der Option vor und nach der Wahl eine Absage.

Der SPD-Mann hat verloren und gewonnen: Maas wird kein Ministerpräsident und hat das Wahlziel nicht erreicht, holte aber mehr für die SPD als 2009. „Wir wollten stärkste Partei werden“, sagt er mit traurigem Blick. Noch in den Umfragen war völlig offen, ob die Frau mit dem schwierigen Namen oder Maas das Rennen machen würde. Der Stern von Linksfraktionschef Oskar Lafontaine scheint im Saarland indes gesunken zu sein. Die Grünen mussten bangen, aber kommen nun wieder in den Landtag. Für die Saar-FDP wurde die Wahl nach dem Aus für die Jamaika-Koalition zum neuen Debakel. Dagegen entern die Piraten erstmals den Saar-Landtag: Sie haben mehr als sechsmal soviel Stimmen bekommen wie die FDP.

„AKK“, wie sie oft kurz genannt wird, will schnelle Koalitionsgespräche mit der SPD. Dass sich die SPD noch für Rot-Rot entscheidet, glaubt sie nicht. „Wenn sie sich jetzt umentscheiden würde, wäre das ein glatter Wählerbetrug.“ Und Maas versichert: „Wir haben vor der Wahl gesagt, dass wir keine Koalition mit der Linkspartei machen. Das ist auch nach der Wahl so.“

Dennoch wirbt Lafontaine weiter für Rot-Rot und meint, nur mit der Linken sei etwa ein Mindestlohn umsetzbar, den die SPD anstrebt. Der Traum des Linksfraktionschefs - mehr als 20 Prozent - ging nicht in Erfüllung. Sein Wahlziel scheint in weite Ferne gerückt: „Lafo“ kann sich wenig Hoffnung machen, dass es sich die SPD noch mal anders überlegt. Ob er nach Berlin geht und wieder Bundesvorsitzender der Linken wird, ließ er offen.„Was in Berlin sich in den nächsten Monaten entwickeln wird, muss man abwarten.“

An diesem Montag treffen sich CDU und SPD, um die Weichen für Koalitionsgespräche zu stellen. Dabei wird es darum gehen, ob beide Seiten sich bei Knackpunkten tatsächlich zusammenraufen. Große Übereinstimmungen gibt es in der Kernfrage - an der Einhaltung der Schuldenbremse und einem strikten Sparkurs führt kein Weg vorbei, wenn das Saarland auf lange Sicht eigenständig bleiben will. Wie Maas will Kramp-Karrenbauer den Rotstift bei Ministerien und Behörden ansetzen: Regierung und Verwaltung sollen schlanker werden. Schließlich ist das Saarland mit rund zwölf Milliarden Euro verschuldet und hängt am Tropf des Bundes und anderer Bundesländer. Aber ob es eine Einigung etwa in der Mindestlohnfrage gibt?

Kramp-Karrenbauer ließ im Januar nach nicht einmal einem halben Jahr als Nachfolgerin von Peter Müller die Jamaika-Koalition scheitern und schob das den Querelen der FDP zu. „Das Land braucht eine stabile Regierung“, war und ist ihr Credo. Mit Maas verbindet sie einiges - unter anderem der nüchterne, unaufgeregte Politikstil. Auch wenn Maas sie 2011 bei der Wahl zur Nachfolgerin Müllers in den zweiten Wahlgang trieb und ihr jetzt mit Blick auf den Kostenskandal des Saarland-Museums vorwarf, sie habe die Öffentlichkeit als Kultusministerin in die Irre geführt.

Die FDP, Ex-Koalitionspartner von Kramp-Karrenbauer, kam bei der Wahl unter die Räder - sie flog spektakulär aus dem Landtag. FDP-Landeschef Oliver Luksic spricht von einem „Denkzettel“. „Wir haben im Land und bundesweit die Wähler enttäuscht.“ Die Grünen mussten fast den ganzen Sonntagabend zittern, sie schafften denkbar knapp den Wiedereinzug ins Parlament. Bei den Piraten dagegen kannte der Jubel keine Grenzen. Hunderte waren bei der Wahlparty, schwenkten orange Fahnen. Die Piraten ziehen gleich zu viert in den Landtag ein. „Wir wollen die Politik wieder zu den Bürgern bringen“, sagte der künftige Parlamentsneuling Andreas Augustin.

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