Forschungsgruppe: „Last-Minute-Transfer“ im schwarz-gelben Lager

Mannheim/Hannover (dpa) - Die FDP verdankt ihr starkes Abschneiden bei der Landtagswahl in Niedersachsen nach einer ersten Analyse der Forschungsgruppe Wahlen massiven Leihstimmen der CDU-Wähler.

Die Forscher sprachen am Sonntag von einem „Last-Minute-Transfer im schwarz-gelben Lager“: 80 Prozent der aktuellen FDP-Wähler wählten eigentlich CDU.

WAHLEN IM BUND: Für 74 Prozent sagt das Ergebnis der Landtagswahl noch lange nichts über den Ausgang der Bundestagswahl aus. So bleibt laut Forschungsgruppe offen, ob es SPD und Grünen im Bund gelingt, nach dem Stolperstart von SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück die enorme Popularität von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) inhaltlich zu kontern.

DIE SPD: Der SPD machen den Angaben zufolge Bundestrend und Kanzlerkandidat zu schaffen. 44 Prozent sagen, Steinbrück habe seiner Partei in Niedersachsen geschadet. Allerdings profitiert die SPD von der Renaissance des rot-grünen Koalitionsmodells, 46 Prozent fänden es gut. Zum Teil kompensieren könne die SPD den Steinbrück-Effekt mit ihrer Vor-Ort-Bilanz. Dort stehe sie personell, leistungsbezogen und kompetenzspezifisch heute erheblich besser da als 2008.

DIE CDU: Dank Spitzenkandidat David McAllister, Parteireputation und Regierungsarbeit schafft sie den Statuserhalt als stärkste Kraft. Die Landes-CDU profitiere auch von Bundestrend und Kanzlerin.

DIE FDP: 53 Prozent meinen, dass Philipp Rösler der Niedersachsen-FDP geschadet hat. Trotz des Einzugs in den Landtag rechnen 54 Prozent mit seiner baldigen Ablösung als Parteivorsitzender. Hinzu kommt bei der FDP ein Absturz beim Image als Landespartei auf minus 1,0 (2008: 0,1).

DIE LINKE: Nach Ansicht von 60 Prozent wird sie als Partei im Westen nicht mehr gebraucht.

DIE PIRATEN: Sie haben nach Meinung von 79 Prozent ihre beste Zeit schon hinter sich.

PARTEIKOMPETENZEN: Die Zufriedenheit mit rot-grüner Arbeit ist gewachsen. Beim Top-Thema Bildung hat die SPD mit 36 Prozent (plus acht Prozentpunkte) der CDU mit noch 28 Prozent (minus vier) den Rang abgelaufen, beim zweitwichtigsten Problem, dem Arbeitsmarkt, hat sie mit 32 Prozent (plus 14) ganz erheblich zur CDU mit 38 Prozent (minus vier) aufgeholt.

KANDIDATEN: Die CDU punktet mit einem starken Kandidaten, dessen Gesamtplus auf guter Arbeit und hoher Beliebtheit basiert. In Sachen „Glaubwürdigkeit“ oder „Sachverstand“ für die meisten Bürger auf Augenhöhe mit Herausforderer Stephan Weil (SPD), gilt CDU-Amtsinhaber McAllister als sympathischer. Zwar liegt auch Weil hier gut, mit 34 Prozent aber klar hinter McAllister. 50 Prozent wollen ihn lieber als Ministerpräsidenten.

ALTER DER WÄHLER: Die Grundlage für den CDU-Wahlsieg legt laut Forschungsgruppe einmal mehr die ältere Generation. Bei den über 60-Jährigen holt die CDU 41 Prozent, hat aber mit minus neun Punkten ungewöhnlich heftige Verluste. Konträr schafft die FDP in der Generation 60 Plus Zuwächse von drei Punkten und liegt mit 13 Prozent hier jetzt atypisch weit über ihrem Schnitt, die Grünen mit acht Prozent trotz fünf Punkten plus in dieser Gruppe weiter darunter. Bei den 45- bis 59-Jährigen legen die Grünen stark auf 17 Prozent zu (plus acht) und kommen bei den unter 30-Jährigen auf 18 Prozent (plus fünf), die CDU verliert hier gleich sieben Punkte und rutscht mit 30 Prozent knapp hinter die SPD mit 31 Prozent.

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