Gipfel signalisiert Solidarität mit Griechenland

Brüssel (dpa) - Die Euroländer sichern dem pleitebedrohten Griechenland Unterstützung zu - aber nur unter Bedingungen. EU-Gipfelchef Herman Van Rompuy lobte nach zehnstündigen Beratungen des Brüsseler Gipfels zwar die „bemerkenswerten Anstrengungen des griechisches Volkes“.

Der Belgier fügte aber hinzu: „Wir erwarten auch, dass Griechenland Struktur- und Haushaltsreformen fortführt.“

Kanzlerin Angela Merkel äußerte sich ähnlich: „Wir erwarten, dass Griechenland seine Verpflichtungen erfüllt.“ Damit sei dann auch sichergestellt, dass das Land in der Eurozone bleiben könne. Merkel will heute (Freitag) Regierungschef Antonis Samaras bei der Fortsetzung der Mammutkonferenz unter vier Augen sprechen.

Beim EU-Gipfel war vorsichtiger Optimismus zu spüren. „Ich denke, das Schlimmste ist vorüber“, resümierte Frankreichs Staatspräsident François Hollande mit Blick auf die Schuldenkrise. „Wir sind aber noch nicht fertig, wir müssen das Vertrauen wieder herstellen.“

„Guter Fortschritt wurde gemacht, um das Anpassungsprogramm wieder in die Spur zu bringen“, schrieben die Staatenlenker der Eurozone in ihrer Griechenland-Erklärung. Van Rompuy berichtete am frühen Freitagmorgen, Samaras habe den anderen „Chefs“ ausführlich von der Lage in seinem Land berichtet. Wegen des fehlenden Abschlussberichts der Geldgeber-„Troika“ konnten keine definitiven Beschlüsse getroffen werden.

Ein positiver Bericht ist Voraussetzung für die Auszahlung der nächsten Hilfstranche von 31,5 Milliarden Euro an das pleitebedrohte Land. Nun sind die Euro-Kassenhüter am Zug, die sich Mitte November wieder treffen werden. Hinter den Kulissen wird die Auszahlung bereits vorbereitet.

Nach langen Diskussionen verständigten sich die alle 27 EU-Staaten erstmals auf ein präzises Datum für die neue gemeinsame Bankenaufsicht für die Eurozone. Van Rompuy sagte, der „rechtliche Rahmen“ für die neue Kontrollinstanz solle bis zum 1. Januar 2013 stehen. Bisher war das nicht klar festgelegt - frühere Gipfelbeschlüsse hatten Spielraum für unterschiedliche Interpretationen in den Hauptstädten gelassen.

„Die Europäische Zentralbank wird dann so schnell wie möglich arbeiten, um die Aufsicht einzurichten. Das wird im Laufe des Jahres 2013 geschehen“, so der Gipfelchef. Wenn die Aufsicht stehe, könnten auch marode Banken direkt aus dem Rettungsschirm ESM finanziert werden, ohne die Staatskonten zu belasten. Ein präzises Startdatum gibt es nicht.

Merkel zeigte sich mit dem Kompromiss zufrieden. „Das Ziel ist eine Bankenaufsicht, die diesen Namen auch verdient“, sagte sie. Dies werde „im Laufe des Jahres 2013“ der Fall sein.

Um den Zeitplan hatte es heftigen Streit zwischen Deutschland und Frankreich sowie deren jeweiligen Verbündeten aus dem Norden und dem Süden der Europäischen Union gegeben. Während die „Südländer“ wie Spanien auf das Startdatum 1. Januar 2013 drängten, pochte Deutschland auf genügend Zeit zur Umsetzung und für Nachbesserungen. So will Berlin die heimischen Sparkassen nicht vom europäischen Aufseher kontrollieren lassen.

Auf dem Gipfeltisch lag ein Papier Van Rompuys zur Reform der Eurozone. Darin geht es um eine engere Zusammenarbeit der Euroländer in der Finanz-, Wirtschafts- und Budgetpolitik. Zu den langfristigen Vorschlägen gehören ein gemeinsames Budget für die Eurozone oder individuelle Reformverträge zwischen Brüssel und den Eurostaaten. Entscheidungen über den Umbau des gemeinsamen Währungsgebiets sollen erst im Dezember fallen.

Der Friedensnobelpreis für die Europäische Union wird am 10. Dezember von den drei Präsidenten des EU-Rates, des Europaparlaments und der EU-Kommission entgegengenommen. Das sagte Parlamentspräsident Martin Schulz. Hollande sagte, er habe mit Merkel über das Thema gesprochen - wenn alle Staatenlenker der EU sich einig seien, würden auch sie beide nach Oslo reisen.

Die Vorschläge von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble, bald einen Konvent für die Änderung der EU-Verträge einzuberufen, spielten bei dem Gipfel keine Rolle. Hollande lehnt Debatten über Vertragsänderungen zum derzeitigen Zeitpunkt grundsätzlich ab.

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