Haushaltsdebatte und Proteste in Athen

Athen/Brüssel (dpa) - Für das pleitebedrohte Griechenland schlägt wieder einmal die Stunde der Wahrheit. Das Parlament kam zu abschließenden Beratungen über den Haushalt 2013 zusammen, am späten Abend ist eine namentliche Abstimmung geplant.

Die Billigung des Haushalts ist Voraussetzung für weitere Griechenland-Hilfen. Rund 10 000 Menschen zogen am Abend vor das Parlament in Athen, um gegen das jüngste Milliarden-Sparpaket und den Staatshaushalt 2013 zu demonstrieren. Die Polizei war aus Furcht vor Ausschreitungen mit starken Einheiten präsent.

Die Euro-Finanzminister wollen an diesem Montag in Brüssel den Weg für weitere Milliardenzahlungen an das krisengeschüttelte Land ebnen. Mit einer endgültigen Freigabe der nächsten Hilfstranche von 31,5 Milliarden Euro aus dem laufenden Hilfsprogramm von 130 Milliarden Euro wird dabei noch nicht gerechnet.

In Athen wird eine Zustimmung zum Budget erwartet. Im Etatentwurf wird davon ausgegangen, dass die Wirtschaft im kommenden Jahr um 4,5 Prozent schrumpft - nach 6,5 Prozent in diesem Jahr. Begleitet von massiven Protesten hatte das Parlament bereits am Mittwochabend ein Sparprogramm über 13,5 Milliarden Euro gebilligt.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) rechnet allerdings nicht mit einer schneller Freigabe der nächsten Hilfsmittel für Griechenland. „Es sieht momentan nicht so aus, dass wir am Montag einen fertigen, vollständigen Troika-Bericht bekommen können, zumal das griechische Parlament erst am Sonntag den Haushalt beschließt“, sagte Schäuble der „Welt am Sonntag“. „Niemand in der Eurozone hat ein Problem damit, der Auszahlung der nächsten Tranche zuzustimmen - aber nur, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind“, sagte er mit Blick auf das Treffen der Euro-Finanzminister.

Nach Informationen der Zeitung „Kathimerini“ fällt der Bericht der Troika zur Lage in Griechenland angeblich positiv aus. Die Troika werde unter anderem eine „außerordentliche Bemühung der Regierung unter sehr starkem politischen Druck“ hervorheben, schrieb das Blatt ohne Angabe von Quellen. Ein positiver Bericht der Kontrolleure aus EU, Internationalem Währungsfonds (IWF) und Europäischer Zentralbank (EZB) ist Voraussetzung für weitere Hilfen, Griechenland hängt am Tropf der internationalen Geldgeber.

Bundesbankpräsident Jens Weidmann rechnet zwar mit weiteren finanzieller Unterstützung für Athen. „Die Politik hat sich offenbar entschieden, Griechenland weiter zu finanzieren“, sagte Weidmann der „Rheinischen Post“ (Samstag). Zugleich mahnte er aber ebenso wie EU-Energiekommissar Günther Oettinger weitere Reformen an. „Die Hilfen haben nur dann Sinn, wenn Griechenland selbst genug tut“, sagte Weidmann. „Das ist nicht nur für Griechenland ein ganz wichtiges Signal, sondern auch für die anderen Krisenstaaten.“

Oettinger schließt einen weiteren Schuldenschnitt zur Gesundung Griechenlands zwar nicht aus. Aktuell käme ein solcher Schritt jedoch zu früh, sagte er der Zeitschrift „Wirtschaftswoche“.

Bundespräsident Joachim Gauck kündigte ein baldiges Treffen mit dem griechischen Staatschef Karolos Papoulias an. Gauck sprach sich in einem Interview der „Welt am Sonntag“ zugleich für einen Verbleib Griechenlands in der Euro-Zone aus und lobte entsprechende Signale der Bundesregierung. „Ich wünsche mir und hoffe, dass Griechenland Teil der Euro-Zone bleibt. Es wäre ganz und gar falsch, wenn Griechenland ausscheiden würde, und es ist vollkommen richtig, dass die Bundesregierung auf einen Verbleib Athens in der Euro-Zone drängt“, sagte Gauck.

Die Verhandlungen der Euro-Finanzminister in Brüssel sind äußert kompliziert, da das Rettungsprogramm wegen der Rezession in Griechenland und der wachsenden Schuldenlast nachjustiert werden muss. Wann der endgültige Beschluss für die von Athen dringend benötigte Auszahlung fallen wird, ist offen. Die Europartner sind fest entschlossen, das Land nicht pleitegehen zu lassen.

Die griechischen Regierungsparteien stürzen laut einer repräsentativen Umfrage in der Gunst der Wähler ab. Würde aktuell abgestimmt, ginge das Bündnis der radikalen Linken (Syriza) als stärkste Kraft hervor, ergab die in der Sonntagszeitung „To Vima“ veröffentlichte Befragung. Auch die Rechtsradikalen könnten angesichts von Wirtschaftskrise, hoher Arbeitslosigkeit und drastischen Sparmaßnahmen zulegen. Gleichzeitig trauen aber mit 38,2 Prozent deutlich mehr Ministerpräsident Antonis Samaras zu, das Land zu führen, als Syriza-Chef Alexis Tsipras (33,3 Prozent).

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