Hintergrund: Der Élysée-Vertrag

Berlin (dpa) - Mit Stolz feiern Deutschland und Frankreich das 50-jährige Bestehen des Élysée-Vertrags. Das Papier ist so etwas wie die Geburtsurkunde der deutsch-französischen Freundschaft.

Unterzeichnet wurde der „Traité de l'Élysée“ am 22. Januar 1963 von Bundeskanzler Konrad Adenauer und Frankreichs Präsidenten Charles de Gaulle.

War das tatsächlich erst der Anfang der Aussöhnung zwischen den beiden einstigen „Erbfeinden“?

Natürlich nicht. Der Zweite Weltkrieg war schon 18 Jahre vorbei. Es gab bereits viele Kontakte über die Grenzen hinweg, auch schon zahlreiche Städtepartnerschaften. Beide Länder waren seit 1950 in der Montanunion und seit 1957 in der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG), Vorläufern der Europäischen Union. Und zwischen Adenauer und de Gaulle hatte sich auch schon eine Freundschaft entwickelt. Bei einem Deutschland-Besuch 1962 wurde der General triumphal gefeiert.

Woher kommt der Name?

Vom Élysée-Palast, dem Sitz des französischen Präsidenten, wo der Vertrag unterzeichnet wurde. Adenauer hätte das lieber in Bonn gemacht, dem damaligen Sitz der Bundesregierung. Aber er gab nach.

Was steht drin?

Für heutige Verhältnisse ist der Vertrag eher kurz: 18 Artikel, mehr nicht. Verbindliche Vereinbarungen gibt es darin nur zwei: die Pflicht zu regelmäßigen Treffen (Kanzler und Präsident zweimal pro Jahr, Außen- und Verteidigungsminister alle drei Monate, Jugendminister alle zwei Monate) sowie die Gründung eines Jugendwerks. Als Ziel setzte man sich, „in allen wichtigen Fragen der Außenpolitik so weit wie möglich zu einer gleichgerichteten Handlung zu gelangen“. Und auch in der Verteidigung wollte man zu „gemeinsamen Konzeptionen“ kommen. Die Begriffe Wirtschaft und Kultur hingegen kommen gar nicht vor.

Waren mit dem Vertrag damals alle einverstanden?

Bei weitem nicht. Viele in Deutschland hatten die Sorge, dass Bonn nun auf eine „gaullistische“ Außenpolitik umschwenken werde. Der Bundestag verabschiedete den Vertrag erst, nachdem man eine „Präambel“ mit einem klaren Bekenntnis zu Großbritannien und den USA vorangestellt hatte - was dann wiederum de Gaulle verärgerte. Seine Sprichwort gewordene Antwort: „Verträge sind wie junge Mädchen und Rosen: Sie halten so lange, wie sie halten.“ Manche hielten den Vertrag deshalb schon für eine Totgeburt.

Und was ist daraus geworden?

Nach dem mühsamen Beginn sehr viel. Das Deutsch-Französische Jugendwerk (DFJW) entwickelte sich zur großen Erfolgsgeschichte. Mehr als acht Millionen junge Deutsche und Franzosen waren seither bei Austauschprogrammen dabei. Auf politischer Ebene sind Deutschland und Frankreich die engsten Partner - unabhängig davon, wer gerade regiert. Mit einer gemeinsamen Außenpolitik tut man sich allerdings immer noch schwer. Ein Ergänzungsprotokoll von 1988, wonach man von nun an jedes Jahr die Grundlinien der nationalen Haushalte gemeinsam erörtern wolle, wartet auf die Umsetzung. Und auch der Plan, der Sprache des Anderen zum Durchbruch zu verhelfen, kam nie so recht voran.

Wird es einen neuen Élysée-Vertrag geben?

Solche Vorschläge gibt es immer wieder - vor einem Jahr, noch zu Wahlkampfzeiten, auch vom heutigen Präsidenten François Hollande. Daraus geworden ist bislang nichts. Die Deutschen halten nicht so viel davon. Der Politik-Wissenschaftler Alfred Grosser, einer der ganz großen Kenner, meint: „Wozu auch, wo der Élysée-Vertrag mit seinem begrenzten Inhalt nicht erfüllt worden ist?“

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