Innenminister: Kein Demokratiebekenntnis für Sportler

Berlin (dpa) - Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) hat umstrittene Pläne in seinem Haus zur Einführung eines Demokratiebekenntnisses für Spitzensportler gestoppt.

Solche Überlegungen auf Arbeitsebene des Ministeriums würden nicht weiter verfolgt, sagte ein Sprecher am Mittwoch. Er bestätigte damit einen Bericht der „Süddeutschen Zeitung“. Die Pläne hatten für erhebliche Kritik gesorgt.

„Es soll keine Gesinnungsschnüffelei im Umfeld von Sportlern geben“, sagte der Sprecher. Die Überlegungen waren nach dem Wirbel um die Ruderin Nadja Drygalla bekannt geworden, die wegen ihrer Beziehung zu einem früheren NPD-Funktionär die Olympischen Spiele verlassen hatte. Mit dem Fall Drygalla habe das alles aber nichts zu tun, hieß es im Innenministerium.

Das Ministerium wies auch darauf hin, dass in der Satzung des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) ein Bekenntnis gegen Rassismus, Verfassungs- und Fremdenfeindlichkeit enthalten sei. Michael Vesper begrüßte die Entscheidung des Ministeriums. „Selbstverständlich kämpfen wir gegen Rechtsextremismus und Rassismus, und das ist in unseren Satzungen auch festgeschrieben. Von daher wäre eine solche Klausel aus meiner Sicht überflüssig“, sagte der Chef de Mission des deutschen Olympia-Teams.

Die Bundeswehr bestätigte unterdessen, dass Drygalla vor den Olympischen Spielen zur Aufnahme in die Sportförderung vorgesehen war, dieser Antrag aber am 2. August vom Deutschen Ruderverband (DRV) zurückgezogen wurde. Weiter hieß es, Drygalla werde damit nicht zum freiwilligen Wehrdienst eingezogen. Das könne sich aber auch wieder ändern. „Dies ist ausschließlich Sache der Sportverbände und von Frau Drygalla.“

Die Bundeswehrkreise bestätigten auch einen Bericht der „Welt“, wonach die 23-jährige Ruderin am 17. Juli bereits vom Kreiswehrersatzamt in Schwerin gemustert worden war. Die Musterung fand in Lüneburg statt. Daraufhin sei der „Heranziehungsbescheid“ zum Antritt des Wehrdienstes am 1. September ergangen.

Drygalla war während der Spiele nach einem Gespräch mit der deutschen Teamleitung freiwillig von den Sommerspielen in London abgereist. Am Sonntag hatte sie sich öffentlich deutlich von der rechten Szene distanziert. Der Verband werde weitere Erkenntnisse der Sicherheitsorgane sammeln, hatte der DRV-Vorsitzende Siegfried Kaidel angekündigt.

Der Grünen-Politiker und Europaabgeordnete Daniel Cohn-Bendit hat die öffentliche Debatte im Fall Drygalla kritisiert. „Ich finde, die Frau kann eine Beziehung haben, mit wem sie will, wenn sie selbst - und dafür gibt es ja keine Hinweise - nicht mit rechten oder faschistoiden Sprüchen an die Öffentlichkeit gegangen ist“, sagte Cohn-Bendit der Wochenzeitung „Zeit“ und warnte vor „Gesinnungsschnüffelei“.

Cohn-Bendit forderte zudem die deutschen Sportverbände auf, sich stärker mit ihrer Vergangenheit auseinanderzusetzen. „Faschistische Traditionen hat es in der deutschen Leichtathletik wie im Deutschen Turnerbund gegeben. Da vermisse ich bis heute die Auseinandersetzung der Sportverbände“, sagte der Grünen-Politiker.

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