Massenmord im Namen des Kalifats

Bagdad/Damaskus (dpa) - Extremisten der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) haben im Irak und in Syrien nach Angaben von Menschenrechtlern in den vergangenen beiden Wochen mehrere hundert Menschen getötet.

Massenmord im Namen des Kalifats
Foto: dpa

Allein in der ostsyrischen Provinz Dair as-Saur habe die Miliz 700 Stammesangehörige umgebracht, die nicht für sie kämpfen wollten, teilte die syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit. Am Freitag sollen zudem rund 300 Männer der religiösen Minderheit der Jesiden von IS-Kämpfern im Nordirak getötet worden sein, berichtete die Hilfsorganisation Help unter Berufung auf Flüchtlinge aus der Sindschar-Region. Frauen und Kinder seien dort verschleppt worden.

Bewohner hatten der dpa zuvor berichtet, dass in dem Ort Kudschu südlich von Sindschar mindestens 100 jesidische Männer getötet worden seien. Zunächst war am Freitag von 80 Opfern des Massakers die Rede gewesen.

Die Schreckensherrschaft der Terrormiliz treibt Hunderttausende zur Flucht. Allein im kurdischen Autonomiegebiet im Nordirak leben derzeit nach UN-Angaben rund 350 000 irakische und 220 000 syrische Flüchtlinge. „Die Menschen, die ich getroffen habe, haben eine panische Angst vor den Kämpfern des Islamischen Staates“, schilderte der Help-Nothilfekoordinator Friedhelm Simon. Help versorgt derzeit im Nordirak rund 14 000 Binnenflüchtlinge mit Nahrungsmitteln.

Die syrischen Menschenrechtler berichteten, die militanten Islamisten würden jeden töten, der ihnen die Gefolgschaft verweigere. So seien innerhalb der vergangenen beiden Wochen 700 Männer des ostsyrischen Stammes Al-Schuaytat getötet worden, die nicht bereit gewesen seien, für den Islamischen Staat zu kämpfen. Was mit Hunderten von weiteren Mitgliedern des Stammes geschehen sei, sei unklar.

Auch die im Nachbarland Irak getöteten Jesiden waren Berichten zufolge vor die Wahl gestellt worden, zum von den Extremisten anerkannten sunnitischen Islam zu konvertieren. Die ethnische Minderheit der Jesiden glaubt an einen Islam, den die Extremisten als „Teufelsanbeterei“ verunglimpfen.

Sowohl in Syrien als auch im Irak wurden am Wochenende zugleich Luftangriffe gegen die Extremisten geflogen. Die US-Luftwaffe attackierte am Samstag Stellungen nahe dem Mossul-Staudamm und Erbil im Nordirak. Dabei wurden laut US-Verteidigungsministerium zehn größtenteils mit Waffen ausgerüstete Fahrzeugen der Extremisten zerstört. Die Angriffe sollten kurdische Bodentruppen unterstützen, die versuchten, den Staudamm zurückzuerobern. Nach Angaben den kurdischen Nachrichtenportals Rudaw rückten die kurdischen Peschmerga-Kämpfer am Sonntag wieder gen Süden vor und eroberten mehrere Dörfer rund um den Staudamm zurück.

Der am Tigris gelegene Staudamm ist der größte des Landes und wichtig für die Trinkwasserversorgung und Stromerzeugung. Die Dschihadisten hatten den Staudamm Anfang August erobert. Zu diesem Zeitpunkt wurde der Nordirak mangels Widerstands der irakischen Armee von den IS-Kämpfern förmlich überrannt.

Unabhängig von den US-Angriffen auf IS-Stellungen im Nordirak flog am Sonntag auch die syrische Luftwaffe mehrere Angriffe auf die Hochburg der Miliz im syrischen Al-Rakka. Dort wurden nach Angaben der syrischen Nachrichtenagentur IS-Stellungen zerstört. Al-Rakka gilt als „Hauptstadt“ des selbst ernannten Kalifats der militanten Islamisten. Anfang August hatten IS-Kämpfer die letzten syrischen Soldaten aus der ölreichen, an den Irak angrenzenden Provinz vertrieben.

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