Nerz: „Piratenpartei war immer politikfähig“

Bochum (dpa) - Der Bochumer Parteitag am Wochenende ist für die Piraten nur eine von mehreren Etappen auf dem Weg zur Bundestagswahl. Um die Vorbereitung des Wahlkampfs kümmert sich der stellvertretende Vorsitzende, Sebastian Nerz.

Im Interview mit der Nachrichtenagentur dpa spricht er darüber, wie es nun weitergeht.

Der Parteitag hatte seine Mühe mit sehr allgemeinen Formulierungen in den Anträgen zur Wirtschaftspolitik. Warum tun sich die Piraten so schwer mit der Programmarbeit?

Sebastian Nerz: „Das Grundsatzprogramm muss doch ziemlich allgemein bleiben, weil es über 20 bis 30 Jahre hinweg gültig sein soll. Anders ist das mit dem Wahlprogramm. Da können wir Forderungen stellen, die wir in den nächsten Jahren umsetzen wollen, das kann dann auch konkreter sein.“

Die Piraten haben zuletzt mehr mit Personalquerelen als mit politischen Initiativen auf sich aufmerksam gemacht. Wann wird Ihre Partei wieder politikfähig?

Nerz: „Sie war immer politikfähig. Wir haben das nur zu wenig dargestellt. Wir haben zu sehr zugelassen, dass die organisatorischen Debatten im Vordergrund standen und die politische Arbeit in den Hintergrund getreten ist.“

Organisatorische Debatten?

Nerz: „Ja, beim Streit zwischen Johannes Ponader, Bernd Schlömer und mir ging es um die Organisation von Arbeitsweisen im Bundesvorstand.“

Und das ist jetzt alles geklärt?

Nerz: „Ich denke, wir haben Arbeitsweisen gefunden, die funktionieren.“

Aber nun hat der Bundesvorstand zwei Mitglieder weniger.

Nerz: „Ich hätte sehr gerne mit Matthias Schrade und Julia Schramm weitergearbeitet. Der Rücktritt von Julia Schramm hatte persönliche Gründe, bei Matthias Schrade hoffe ich, dass er seine Arbeit fortsetzen kann. Matthias Schrade, unser "Kungler", ist der vielleicht bestvernetzte Pirat.“

Ist es für Sie ein Nachteil, dass Sie in Tübingen sind und nicht in Berlin?

Nerz: „Das denke ich nicht. Der größte Teil der Arbeit findet virtuell statt. Da ist es unerheblich, ob man in Tübingen sitzt oder in Berlin.“

Sie kandidieren auf Platz 1 der Landesliste Baden-Württemberg für den Bundestag. Gleichzeitig haben Sie die Aufgabe übernommen, für die Partei den Wahlkampf zu organisieren. Wie gehen Sie das an?

Nerz: „Auf Bundesebene haben wir erste Gespräche im Bundesvorstand geführt. Auch die Landesverbände wurden aufgefordert, ihre Sichtweise zum Wahlkampf darzustellen. Ende Januar oder Anfang Februar werden wir eine Konferenz haben, auf der wir über die Strategie für die Bundestagswahl reden.“

Wie könnte die aussehen?

Nerz: „Wir werden voraussichtlich darauf setzen, dass wir die einzige echte Oppositionspartei sind, die in Deutschland verbleibt. Wir sehen wieder einen Lagerwahlkampf zwischen Schwarz-Gelb und Rot-Grün. Da erwarten wir, dass sich beide Lager deswegen zu sehr annähern müssen. Uns lässt das den Platz, dass wir aufzeigen, welche Alternativen es wirklich gibt.“

Und die Linke?

Nerz: „Die Linke versteift sich auf eine Fundamentalopposition, das funktioniert nicht. Auch wenn ich etwas ablehne, kann ich immer noch versuchen, das in eine bestimmte Richtung zu lenken, das macht die Linke zu wenig. Wir müssen anfangen, ganz grundsätzliche strukturelle Fragen in der Politik zu stellen, etwa zum Verhältnis zwischen Exekutive und Legislative. Die Regierung hat viel zu viel Einfluss auf die gesetzgeberische Arbeit.“

Wie geht es nach dem Bochumer Parteitag weiter?

Nerz: „Nach dem Bundesparteitag werden wir zeigen, dass die Piratenpartei weiter inhaltlich arbeiten kann. Danach haben wir die Niedersachsen-Wahl, die uns Auftrieb geben wird. Ich gehe davon aus, dass die Piraten in den Landtag gewählt werden. Wenn nicht, wird uns das einen zusätzlichen Motivationsschub geben. Danach beginnt der Bundestagswahlkampf. In vielen Gesprächen mit den Bürgern werden wir unser Programm darstellen.

Kommen die Piraten in den Bundestag, werden Sie MdB in Berlin?

Nerz: „Ich gehe davon aus. Ja.“

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