Ökonomen sehen Kompromiss verhalten positiv

Frankfurt/Main (dpa) - Bei Ökonomen ist die Einigung im US-Haushaltsstreit auf ein verhalten positives Echo gestoßen.

Durch den Kompromiss, der vergleichsweise moderate Steuererhöhungen und zunächst keine Ausgabenkürzungen vorsieht, dürften die USA einer erneuten Rezession entgehen, heißt es in vielen Kommentaren. Dennoch rechnen Volkswirte durch die verbleibenden Belastungen mit einer Abschwächung des Wachstums der weltgrößten Volkswirtschaft.

Durch den Kompromiss wird zwar ein Absturz von der Fiskalklippe vermieden. Automatisch wären ohne Einigung massive Steuererhöhungen und Ausgabenkürzungen nach Rasenmäherprinzip eingetreten. Doch der im Kompromiss vorgesehene Wegfall der vor zwei Jahren eingeführten temporären Senkung der Sozialabgaben stellt nach Ansicht von Ökonomen in dem Lösungspaket die größte Belastung für das US-Wachstum dar. Allein diese Anhebung um zwei Prozentpunkte dürfte die Arbeitnehmer 2013 mit etwa 120 Milliarden Dollar belasten, rechnete Commerzbank-Experte Christoph Balz vor. Mithin werde sich das Wirtschaftswachstum im ersten Quartal spürbar abschwächen, schätzt Balz.

„Der befürchtete Rückfall in die Rezession dürfte aber abgewendet sein“, erklärte er. Wären alle automatischen Steuererhöhungen und Ausgabenkürzungen wirksam geworden, hätten die Belastungen von insgesamt mehr als 600 Milliarden Dollar die USA vermutlich in die Rezession gestürzt.

Die weitere Entwicklung sei dennoch ungewiss, hieß es von Ökonomen. Denn das fällige Sparprogramm wurde nur aufgeschoben. Die zum Jahreswechsel gesetzlich vorgesehenen automatischen Haushaltskürzungen wurden mit der Einigung lediglich um zwei Monate verschoben. Nach Angaben der US-Regierung haben die USA ihre Schuldenobergrenze von 16,4 Billionen Dollar bereits zum Jahresende 2012 erreicht. Um zumindest noch zwei Monate zahlungsfähig zu bleiben, werde nun mit Haushaltsumschichtungen begonnen, erklärte US-Finanzminister Timothy Geithner.

„Die fiskalische Unsicherheit wird weitere zwei Monate anhalten“, kommentierte Unicredit-Ökonom Harm Bandholz. Allgemein wird erwartet, dass die Republikaner der fiskalisch unvermeidlichen Erhöhung der Schuldenobergrenze nur dann zustimmen werden, falls ihre Forderung nach deutlichen Ausgabenkürzungen berücksichtigt wird. „Die Verhandlungen darüber dürften ähnlich zäh werden wie bei der Fiskalklippe“, sagte Commerzbank-Experte Balz.

Darüber hinaus ist es der US-Politik abermals nicht gelungen, das große Problem der hohen Staatsverschuldung anzugehen. Bereits jetzt beträgt die Gesamtverschuldung mehr als 100 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung - Tendenz steigend. Der nunmehr gefunden Kompromiss gehe zudem keine der strukturellen Herausforderungen an, unterstreicht Commerzbank-Experte Balz. Dazu zählt er unter anderem eine grundlegende Steuerreform oder steigende Ansprüche in der Sozialversicherung infolge der alternden Bevölkerung. Daneben gelten das amerikanische Gesundheitssystem und weite Teile der Infrastruktur als erneuerungsbedürftig.

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