Porträt: Lucas Papademos

Athen/Berlin (dpa) - In der schwersten Krise Griechenlands seit dem Euro-Beitritt tritt ausgerechnet der Mann an die Spitze der Regierung, der als Architekt der Aufnahme der Hellenen in die Währungsunion gilt.

Lucas Demetrios Papademos (64) hatte nie ein politisches Amt inne, er war lange der oberste Notenbanker Griechenlands und vertrat das Land als Vizepräsident der Europäischen Zentralbank (EZB).

Der gelernte Elektrotechniker und Wirtschaftswissenschaftler soll nun mit Besonnenheit und fachlicher Qualifikation in der griechischen Übergangsregierung das Vertrauen der internationalen Kreditgeber zurückgewinnen. Unklar ist, ob er das nötige Charisma mitbringt, um auch die Griechen von der Notwendigkeit des Sparkurses zu überzeugen.

Der gebürtige Athener studierte und promovierte in den USA am renommierten Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Boston, danach lehrte er als Wirtschaftsprofessor an der Columbia-Universität in New York. Mitte der 1980er Jahre kehrte er nach Griechenland zurück, wo er in der nationalen Notenbank Karriere machte und 1994 zu deren Gouverneur aufstieg.

Zusammen mit der sozialistischen Regierung bereitete Papademos die Aufnahme Griechenlands in die europäische Währungsunion 2001 und die Einführung des Euro als Zahlungsmittel 2002 vor. Dafür erntete er im eigenen Land großen Respekt. Später wurde bekannt, dass Griechenland über Jahre hinweg falsche Zahlen nach Brüssel übermittelt hatte. Weil Papademos sich als Verfechter einer Begrenzung der Staatsschulden profiliert hatte, schadete das seinem internationalen Renommee allerdings kaum.

Papademos legte 2002 sein Amt als Notenbankchef nieder und wechselte als Vize-Präsident der EZB nach Frankfurt. Seine Erfahrung als Vertreter eines ärmeren Eurolandes sollte helfen, die osteuropäischen Neuzugänge in der EU auf die Einführung der Währung vorzubereiten. Er betreute auch die Pläne für den Umzug der EZB in einen neuen Wolkenkratzer im Osten der Stadt, der 2014 eingeweiht werden soll.

An der Seite von EZB-Präsident Jean-Claude Trichet mit seinem französischen Esprit wirkte Papademos bei den Pressekonferenzen der Zentralbank wie ein nüchterner Zahlenwerker, dem öffentliche Auftritte kein besonderes Vergnügen zu bereiten scheinen. Inhaltlich lag das Duo aber auf einer Linie - politisch unabhängig und doch im Zweifelsfall etwas pragmatischer eingestellt als die auf strenge Richtlinien der Geldpolitik fixierten Vertreter der Bundesbank.

Nach achtjähriger Amtszeit schied Papademos 2010 aus der EZB aus. Zuvor hatte der Parteilose ein Angebot des damaligen Spitzenkandidaten der Sozialisten, Giorgos Papandreou (59), in dessen Team eine Schlüsselrolle zu übernehmen, abgelehnt. Es gilt auch als unwahrscheinlich, dass der heute 64-Jährige insgeheim auf die Nachfolge Papandreous spekulierte - eher dürfte er sich auf einen unspektakulären Ruhestand gefreut haben, den er mit wissenschaftlicher Arbeit ausfüllen wollte. Dennoch pflegte Papademos angesichts der schwierigen Lage Griechenlands seine politischen Kontakte, die ihn nun wieder ins Rampenlicht katapultiert haben.

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