Report: Empörung über Ungerechtigkeit und Krawallmacher

Ferguson (dpa) - Ein Mann steht vor der rußgeschwärzten Ruine eines Gebäudes auf der South Florissant Road in Ferguson. Plünderer haben das Haus nach der Jury-Entscheidung gegen die Anklage eines weißen Polizisten im Fall Michael Brown in Brand gesetzt.

„Ich heiße nicht gut, was hier passiert ist und ich lehne Gewalt ab“, sagt Sean McKinley. „Aber ich weiß, warum die Leute das gemacht haben und ich kenne die Probleme, gegen die sie ankämpfen.“

Geschäftsleute in dem Vorort von St. Louis im US-Staat Missouri fegen nach nächtlichen Ausschreitungen Glasscherben zusammen und vernageln zerbrochene Fenster mit Sperrholz. Manche haben ihre Existenz abbrennen sehen. „Ich bin der Meinung dass es falsch war, die Läden zu zerstören“, sagt der 29-jährige McKinley. „Mir tut es für die Besitzer leid. Denn so büßen die Falschen.“

Trümmerhaufen rauchen noch, das Gebiet ist weiträumig als „aktiver Tatort“ mit gelben Warnbändern abgesperrt. Es ist ein unwirkliches Bild in dem ohnehin recht trostlosen Ort. Den ganzen Tag protestieren kleine Gruppen friedlich. Bei Einbruch der Dunkelheit nimmt die Zahl der Demonstranten etwas zu.

In der Nacht zum Mittwoch verlaufen die Proteste dann friedlicher. Der Gouverneur Jay Nixon hat die Zahl der Nationalgardisten auf mehr als 2000 verdreifacht. In voller Kampfmontur sichern sie wesentlich mehr Gebäude als am Montag. Nur am Rathaus gibt es nennenswerte Ausschreitungen. Man hätte die Sonderkräfte schon früher so einsetzen müssen, klagt Fergusons Bürgermeister James Knowles. Trotz monatelanger Vorbereitungen seien sie in der Krawallnacht nicht auf dem Posten gewesen.

Die Augen der Nation richten sich nicht mehr nur auf Ferguson. An rund 170 Orten gingen Dienstagabend (Ortszeit) Menschen auf die Straße, um gegen Ungleichheit, Polizeigewalt und das Kontreverse Geschworenen-Urteil zu protestieren: New York, Washington, Boston, Seattle, Nashville - überall aus dem Land kommen Bilder von Demonstranten, die mit Sprechchören und Schildern ihren Unmut kundtun.

Es sind meist nur kleine Gruppen, fast nie mehr als ein paar Hundert Leute. Doch das genügt, um weltweit Eindruck zu machen. Die Debatte über den nicht überwundenen Rassismus ist wieder auf der Tagesordnung. „Der Vorfall hat eine viele eingehendere Konversation herbeigeführt. Viele Amerikaner fragen sich, wie weit die Gleichberechtigung und Beziehungen zwischen den Rassen fortgeschritten sind, selbst in Zeiten eines schwarzen Präsidenten und schwarzen Justizministers“, kommentiert Robert Jones vom Public Religion Research Institute.

In Ferguson müssen die Menschen mit praktischen Konsequenzen klarkommen. Einige Anwohner überlegen wegzuziehen, sollten die gewalttätigen Proteste weitergehen: Sie sei durchaus für friedliche Demonstrationen, erklärt Meagan Bailey. „Aber Häuser anzünden und das Zeug anderer Leute zu plündern - ich weiß nicht, welche Art von Gerechtigkeit hier erreicht werden soll.“ Die 36 Jahre alte Mutter von drei Kindern sagte: „Wir wollen Gerechtigkeit für Michael Brown - das verdient er - aber man sollte dabei nicht anderen Menschen Unrecht antun.“

Ob sich die Wut mancher Demonstranten von der Polizei zügeln lässt, bleibt abzuwarten: Charles - seinen vollen Namen will er nicht nennen - steht bei einem improvisierten Mahnmal für Brown an der Stelle, wo der Teenager erschossen wurde. Sein Gesicht versteckt er hinter einem Tuch. Er meint, nun sei der richtige Zeitpunkt gekommen, um Ärger und Frust in die Öffentlichkeit zu tragen. „Wir haben nun die Aufmerksamkeit der Behörden, der Medien und der Menschen. ... Wir werden nicht damit aufhören.“

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