Klares „Oxi“ der Griechen

Athen (dpa) - Mit einer überraschend deutlichen Mehrheit haben die Griechen per Volksabstimmung die Sparvorgaben der internationalen Gläubiger abgeschmettert.

Klares „Oxi“ der Griechen
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Nach Auszählung von mehr als 90 Prozent der abgegebenen Wahlzettel stimmten gut 61 Prozent mit „Nein“ und unterstützten damit den Konfrontationskurs von Ministerpräsident Alexis Tspiras. Nur knapp 39 Prozent sprachen sich am Sonntag dafür aus, unter den Konditionen der Geldgeber weiter zu verhandeln, wie das Athener Innenministerium am Sonntag mitteilte.

Regierungschef Tsipras kündigte neue Verhandlungen an. Erste Priorität habe aber nun die Wiederöffnung der geschlossenen Banken, erklärte er am Sonntagabend in einer Fernsehansprache. Athen sei weiter zu Reformen bereit. Dringend notwendig seien Investitionen sowie die Umstrukturierung der Schulden.

EU-Ratspräsident Donald Tusk berief einen Sondergipfel der Staats- und Regierungschefs der 19 Euro-Länder für diesen Dienstag (18.00 Uhr) in Brüssel ein. Zur Vorbereitung soll es am selben Tag ein Treffen der Euro-Finanzminister geben. Kanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident François Hollande wollen bereits am Montag über die Konsequenzen aus dem Referendum beraten. „Beide sind sich darin einig, dass das Votum der griechischen Bürger zu respektieren ist“, hieß es in der kurzen Erklärung weiter.

Ebenfalls am Montag will EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker mit Spitzenvertretern der EU-Institutionen über das weitere Vorgehen beraten. Es sei eine Telefonkonferenz mit EU-Gipfelchef Tusk, Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem und dem Präsidenten der Europäischen Zentralbank Mario Draghi geplant, teilte die EU-Kommission in Brüssel mit.

Vizekanzler und SPD-Chef Sigmar Gabriel reagiert mit scharfer Kritik an der griechischen Regierung auf den Ausgang des Referendums. „Mit der Absage an die Spielregeln der Eurozone, wie sie im mehrheitlichen Nein zum Ausdruck kommt, sind Verhandlungen über milliardenschwere Programme kaum vorstellbar“, sagte Gabriel dem „Tagesspiegel“ (Montag). Der Ball liege jetzt in Athen.

Tsipras hatte seinen Landsleuten versprochen, ein mehrheitliches „Nein“ stärke seine Verhandlungsposition. Der Regierungschef telefonierte noch am Abend mit Hollande, wie griechische Medien berichteten. Die italienische Regierung sprach sich bereits für neue Verhandlungen mit Griechenland aus. „Jetzt ist es richtig, wieder damit anzufangen, eine Vereinbarung zu suchen“, erklärte Außenminister Paolo Gentiloni auf Twitter.

Kurz nach Schließung der Wahllokale feierten Tausende Gegner des Reformprogramms auf den Platz vor dem Parlament in Athen. Viele Griechen machen die Gläubiger aus EU-Kommission, Internationalem Währungsfonds und Europäischer Zentralbank und deren Sparvorgaben für die dramatische Lage im eigenen Land verantwortlich.

Die griechische Regierung hatte bis zuletzt im scharfen Tonfall die Position der Geldgeber kritisiert. „Was man mit Griechenland macht, hat einen Namen: Terrorismus“, sagte Finanzminister Gianis Varoufakis vor dem Referendum der spanischen Zeitung „El Mundo“.

Tsipras hatte die Volksabstimmung zur Verärgerung der Geldgeber überraschend angesetzt. Die Verhandlungen gerieten danach in eine Sackgasse. Noch zur Verfügung stehen Hilfsgelder in Milliardenhöhe für das von der Staatspleite bedrohte Land verfielen am Dienstag. Ohne neue Hilfskredite droht ein schneller Zusammenbruch der Banken und der Staatsfinanzen.

In Deutschland reagierte die Regierungspartei CSU mit scharfen Worten auf das Referendum. „Wir müssen jetzt besonnen reagieren, aber klar ist: die linken Erpresser und Volksbelüger wie Tsipras können mit ihrer schmutzigen Tour nicht durchkommen“, erklärte Generalsekretär Andreas Scheuer. Der stellvertretende CDU/CSU-Fraktionschef Ralph Brinkhaus sieht nun schlechte Chancen für weitere Hilfspakete für Griechenland. „Für uns galt immer die Devise und gilt immer noch: Hilfen gegen Reformen“, sagte er im ZDF.

Der stellvertretende SPD-Fraktionschef Carsten Schneider bezeichnete das „Nein“ als „ein sehr, sehr schwieriges Ergebnis“. Er stellte in Frage, ob man dann mit der griechischen Regierung überhaupt noch verhandeln könne. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte am Wochenende ein Ausscheiden Griechenlands aus der Eurozone nicht ausgeschlossen.

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