Triumph für Tsipras

Athen (dpa) - Im Schlagabtausch mit den Geldgebern hat Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tsipras alles auf eine Karte gesetzt - und die Bürger mit großer Mehrheit hinter sich versammelt.

Triumph für Tsipras
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„Unterschätzen Sie nicht, was ein Volk machen kann, wenn es sich erniedrigt fühlt“, hatte er vor der Volksabstimmung erklärt.

Der Chef des Linksbündnisses Syriza hat es verstanden, die frustrierten Bürger auf seine Seite zu ziehen. „Wer hat die Frechheit zu verlangen, dass Tausende Griechen frieren müssen“, sagte er im Parlament, als Vertreter der internationalen Geldgeber die von seiner Regierung im Alleingang beschlossenen Hilfen von 200 Millionen Euro für mittellose Menschen kritisierten.

Nach dem erbitterten Streit mit den internationalen Geldgebern war die Volksabstimmung über die Sparpolitik auch ein Plebiszit über die Politik des Regierungschefs, der in einem Bündnis mit der rechtspopulistischen Partei Anel regiert. Tsipras hatte die Verhandlungen mit der EU über ein Hilfsprogramm scheitern lassen, weil er die Bedingungen der Geldgeber nicht akzeptieren wollte. Er wandte sich an das Volk und ließ es darüber entscheiden, ob es die Forderungen der Gläubiger annehmen will. Damit ging der 40-Jährige das Risiko ein, dass eine Mehrheit der Griechen ihm den Rücken kehren und seiner Politik eine Absage erteilen könnte. Nun hat er das ersehnte „Nein“ zu den Sparvorgaben im Rücken. Doch Beobachter rätseln, wie er den zähen Streit mit den Geldgebern lösen und das überschuldete Land vor der Pleite retten will.

Innenpolitisch hat Tsipras seit seinem Wahlsieg im Januar kaum etwas bewirkt. Jeder Vierte ist in Griechenland ohne Job, die Einnahmen des Staates schrumpfen, Wachstum ist nicht in Sicht. Griechenland scheint wie erstarrt, viele Menschen warten darauf, was geschehen wird. Nach und nach plünderten die Bürger ihre Konten, die Banken wurden geschlossen.

Tsipras‘ politische Karriere ist ein klassisch linker Werdegang: Die ersten politischen Schritte machte er als Anführer rebellischer Schüler. Er wurde Mitglied der Kommunistischen Jugend Griechenlands (KNE) und schloss sich später der Anti-Globalisierungsbewegung und der damals unbedeutenden Linkspartei Syriza an.

Die Wirbel und Stürme der griechischen Finanzkrise brachten Tsipras im Januar 2015 dahin, wo ihn niemand erwartet hatte: Der Hoffnungsträger der griechischen Linken beendete den ewig scheinenden Regierungsreigen zwischen Konservativen und Sozialisten in Griechenland. Viele Griechen hatten die Versprechungen der alten Regierungsparteien satt, die das Land mit ihrer Vetternwirtschaft an den Abgrund geführt hatten.

Bis heute bleibt Tsipras vielen Griechen ein Rätsel. „Er hat viele Gesichter. Ich kann ihn nicht einstufen. Ein sogenanntes Janusgesicht“, sagt ein erfahrener Psychologe aus der nordgriechischen Hafenstadt Thessaloniki. Tsipras wirkt höflich, er zeigt ein doppeldeutiges Lächeln, aber dann kommt plötzlich ein kämpferischer Spruch. Mit geballter Faust will er nun gegen den Neoliberalismus kämpfen, der sein Land in die Misere geführt habe.

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