Ackermann kritisiert Jains Verhalten in Libor-Affäre

Frankfurt/Main (dpa) - Der frühere Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann hat sich erneut zu öffentlicher Kritik an seinem Nachfolger Anshu Jain hinreißen lassen. Dem Schweizer missfällt, dass der Investmentbanker Jain die Aufklärung der Affäre um Zinsmanipulationen nicht zur Chefsache macht.

Fragen des Bundestags-Finanzausschusses zum Libor-Skandal an diesem Mittwoch (28.11.) lässt Jain den für Rechtsfragen zuständigen Vorstand Stephan Leithner beantworten.

„Es ist bekannt: Ich habe mich immer diesen Fragen gestellt. Ich finde nach wie vor, das ist Aufgabe eines Chefs, sich dieser Verantwortung zu stellen“, sagte Ackermann am Montagabend bei einer „Handelsblatt“-Veranstaltung in Frankfurt. „Als Chef nimmt man die Kritik und manchmal auch das Lob. Ich finde schon, dass der Chef hier auf die Bühne gehört“, sagte Ackermann unter dem Applaus der etwa 500 Gäste.

In der Bank wurde Ackermanns Schelte mit Irritation aufgenommen. Das Institut hatte schon früher erklärt, es sei üblich, zu solchen Anhörungen einen sachkundigen Vertreter zu schicken. Aus den Archiven kramten die Verteidiger der seit Juni 2012 amtierenden Doppelspitze Anshu Jain/Jürgen Fitschen zudem einen Fall aus dem Mai 2009: Damals bat der Bundestags-Finanzausschuss Ackermann, Auskunft zu Geschäften des Dax-Konzerns mit Steueroasen zu geben. Ackermann schickte Medienberichten zufolge nicht einmal einen Vertreter.

Die „London Interbank Offered Rate“ (Libor) gibt an, zu welchen Konditionen sich Banken gegenseitig Geld leihen. Der Zins dient als Referenz für Geldgeschäfte in Billionenhöhe, auch Kredite orientieren sich daran. Großbanken sollen den Libor über Jahre manipuliert haben, um höhere Gewinne zu erzielen. Zwei Deutsche-Bank-Mitarbeiter wurden wegen der Tricksereien gefeuert. „Der Libor-Fall ist kriminell, absolut nicht entschuldbar. Jeder, der Verantwortung getragen hat, muss die Konsequenzen ziehen“, betonte Ackermann.

Es ist nicht die erste öffentliche Rüge Ackermanns für Jain: Bei einer „Spiegel“-Veranstaltung Ende Oktober in Hamburg nannte Ackermann Jains Äußerungen laut Medienberichten „schädlich“. Jain hatte der „Welt am Sontag“ gesagt, Europa müsse wegen der immensen Kosten der Euro-Rettung mit Inflation rechnen: „Das ist ein Preis, den wir für Europa werden zahlen müssen.“

Ackermann bekräftigte am Montag: „Die Inflationsproblematik, die viele so hochstilisieren, ist so nicht gegeben.“ Aktuell und in den nächsten Jahren sehe er keine Inflationsgefahren infolge der weit geöffneten Geldschleusen. „Die EZB ist sich sehr bewusst, dass sie die Liquidität, die tendenziell entstehen könnte, abschöpfen muss, sobald die Konjunktur anspringt. Aber davon sind wir leider noch einige Jahre entfernt“, sagte Ackermann.

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