Arbeitslosigkeit weiter auf Rekordtief

Nürnberg (dpa) - Trotz eingetrübter Konjunktur bleibt die Arbeitslosigkeit in Deutschland auf Rekordtief. Wegen der Sommerflaute ist die Zahl der Erwerbslosen im August zwar um 5000 auf 2,945 Millionen gestiegen - dies ist aber trotzdem der niedrigste August-Stand seit 20 Jahren.

Ohne jahreszeitliche Faktoren wäre die Zahl der Jobsucher sogar um 8000 gesunken, teilte die Bundesagentur für Arbeit (BA) am Mittwoch in Nürnberg mit. Im Vergleich zum Vorjahr ging die Erwerbslosigkeit um 238 000 zurück. Die Arbeitslosenquote lag im August bei unverändert 7,0 Prozent.

Die Oppositionsparteien warfen der Bundesregierung vor, mit der Kürzung ihrer Arbeitsmarktprogramme die Förderung Langzeitarbeitsloser zu vernachlässigen. Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) habe mit ihrer Rotstiftpolitik einen deutlicheren Rückgang der Arbeitslosenzahl verhindert, kritisierte SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles. Die Zahlen zeigten, dass es „wegen der Spar-Orgien“ weiterhin Probleme mit der verfestigten Langzeitarbeitslosigkeit gebe. Dagegen betonte von der Leyen, die Chancen von Langzeitarbeitslosen seien zur Zeit so gut wie selten.

BA-Chef Frank-Jürgen Weise bleibt derweil angesichts der jüngsten Börsenturbulenzen und der leichten Eintrübung des Geschäftsklimas gelassen. „Diese Stimmungen setzen sich ab von den tatsächlichen Gegebenheiten“, betonte er. Daher sieht er vorerst für den Arbeitsmarkt keineswegs schwarz: „Es sieht so aus, als ob der Arbeitsmarkt die aktuelle Entwicklung wegstecken kann“, sagte Weise. „Ich sehe im Moment keine Konjunkturdelle.“ Die Wirtschaftsweisen rechneten schließlich für 2011 mit einem dreiprozentigen Wirtschaftswachstum.

Dass die Betriebe trotz ungewisser Konjunkturaussichten weiterhin neue Leute einstellten, hängt nach Beobachtung von BA-Vorstandsmitglied Raimund Becker auch mit der Flexibilisierung des Arbeitsmarktes zusammen: Viele Unternehmen arbeiteten mit Arbeitszeitkonten und befristeten Verträgen oder fingen Auftragsspitzen mit Leiharbeitern ab. Dadurch könnten sie rasch auf eine Konjunkturkrise reagieren.

Zu einer Jobmaschine hat sich nach Erkenntnissen der Bundesagentur für Arbeit inzwischen die von der Finanzkrise am stärksten getroffene Industrie entwickelt. Binnen Jahresfrist seien dort mit Stand Juni 140 000 neue Arbeitsplätze entstanden - und damit so viel wie in keiner anderen Branche. „Das verarbeitende Gewerbe steht inzwischen an der Spitze der Veränderung; dennoch wird die Zahl der Arbeitsplätze nicht mehr so hoch sein wie vor der Krise“, erläuterte Weise.

Insgesamt gab es im Juli 41,13 Millionen Erwerbstätige - und damit 527 000 mehr als im Vorjahr. Noch deutlicher fällt das Plus bei der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung aus. Die Zahl der regulären Arbeitsverhältnisse lag mit 28,39 Millionen um 684 000 über dem Vorjahreswert. Vom Zuwachs entfielen 385 000 auf Vollzeitjobs, 298 000 auf Teilzeitbeschäftigung.

Weiter entspannt hat sich die Lage auf dem Ausbildungsmarkt. Nach Angaben der Bundesagentur hatten zu Beginn des neuen Ausbildungsjahrs im August noch 88 300 junge Männer und Frauen eine Lehrstelle gesucht. Dem hätten 91 400 freie Lehrstellen gegenüber gestanden, berichtete BA-Chef Weise. „Das sieht zwar so aus, als hätten wir einen ausgeglichenen Ausbildungsmarkt. Wenn man sich das aber näher betrachtet, stößt man auf große regionale Unterschiede“, gab er zu bedenken.

Zufrieden zeigte sich Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) mit der Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt. Er gehe davon aus, dass sich der Beschäftigungsaufschwung fortsetzt, heißt es in einer Erklärung des Ministers. Obwohl die Konjunktur einen Gang zurückgeschaltet habe, sei die Nachfrage nach Arbeitskräften weiter hoch.

In dieser Lage muss nach Ansicht des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) mehr Geld zur Eingliederung von Arbeitslosen bereitgestellt werden. Auf der einen Seite suchten die Unternehmen händeringend qualifiziertes Personal, gleichzeitig werde der Niedriglohnsektor aber „gefeiert und befördert“, kritisierte der DGB.

Für eine Qualifizierungsstrategie für Arbeitslose sprachen sich auch die Grünen im Bundestag aus. Fast eine Million Menschen seien langzeitarbeitslos. Für die Linkspartei hat hingegen ein gesetzlicher Mindestlohn Priorität. Ein Mindestlohngipfel sollte demnach auf schnellstmöglichen Weg über eine Lohnuntergrenze beraten.

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