Ausbau der Stromnetze nimmt Fahrt auf

Trotz Mehrkosten sollen Erdkabel für größere Akzeptanz sorgen.

Ausbau der Stromnetze nimmt Fahrt auf
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Bonn. Der stockende Ausbau der deutschen Stromnetze galt lange als größtes Hindernis der Energiewende. Jetzt kommen die Projekte langsam in Fahrt. „Wir sehen deutliche Fortschritte bei den Verfahren“, sagt der Chef der Abteilung Netzausbau in der Bundesnetzagentur, Heinz-Jürgen Scheid. Bis Mitte 2014 seien fast 100 Kilometer Höchstspannungsleitung neu gebaut worden — darunter auch etliche Kilometer für die Verlängerung der umstrittenen „Thüringer Strombrücke“ bis zum Atomkraftwerk Grafenrheinfeld in Bayern, das Betreiber Eon 2015 abschalten will.

Ausbau der Stromnetze nimmt Fahrt auf
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Ende September startet das erste Verfahren nach dem neuen Ausbaugesetz, mit dem die großen Stromautobahnen für die Energiewende realisiert werden sollen. Kernprojekte des Bundesbedarfsplangesetzes sind drei große Stromtrassen in Nord-Süd-Richtung. Insgesamt sollen rund 2800 Kilometer Leitungen neu entstehen. Für etwa 1000 Kilometer würden die Anträge der Netzbetreiber noch in diesem Jahr erwartet, sagt Scheid.

Dazu zählen die 300 Kilometer lange, sogenannte Ultranet-Leitung von Osterath bei Düsseldorf bis Philippsburg in Baden-Württemberg und voraussichtlich auch die „Königsleitung“ der Energiewende: Die Verbindung von Wilster nördlich von Hamburg bis Grafenrheinfeld. Sie soll ab Ende 2022 gigawattweise Nordsee-Windstrom nach Bayern bringen.

Bei den länderübergreifenden Neubauprojekten hat die Bonner Netzagentur nach dem 2013 verabschiedeten Gesetz die Genehmigung direkt in der Hand. Bauherr sind die Netzbetreiber. Die Bürger werden viel früher als bisher nach ihren Bedenken gefragt und an neuralgischen Stellen erlaubt das im August novellierte Erneuerbare-Energien-Gesetz jetzt für alle Gleichstromleitungen trotz erheblicher Mehrkosten die Verlegung unter der Erde. Erdkabel sind je nach Bodenbeschaffenheit bei Gleichstrom zwei- bis fünfmal so teuer wie vergleichbare Überlandleitungen, bei Wechselstrom sogar drei- bis sieben- oder achtmal. „Das ist kein Allheilmittel, aber bietet große Chancen, die Akzeptanz vor Ort zu verbessern“, sagt Scheid. Dennoch bleibe die Klagefreudigkeit hoch.

Die süddeutschen Länder könnten ihren Strom durchaus erneuerbar selbst erzeugen, sagt etwa der NRW-Chef des BUND, Holger Sticht. „Den muss man nicht im Wattenmeer produzieren und durch ganz Deutschland führen.“ Auf bis zu 16 Milliarden Euro bis 2023 schätzt die Bundesnetzagentur den Investitionsbedarf für die neuen Stromleitungen.

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