Bahn kämpft um Börsengang

Die Personalkosten bei der Bahn sind mit der Einigung kräftig gestiegen. Unklar bleibt zunächst, wann dies zu Fahrpreiserhöhungen führen wird.

<strong>Berlin. Zum Durchatmen nach dem Ende des Tarifstreits um die Lokführer kommt Bahnchef Hartmut Mehdorn erst einmal nicht. Den Ärger, den das fast ein Jahr dauernde Kräftemessen unter den 229000 Beschäftigten ausgelöst hat, muss der oberste Eisenbahner nun wieder befrieden. Zurückgewonnen werden sollen auch Fahrgäste, die von der lange schwelenden Streikgefahr abgeschreckt worden waren. Die von den Gewerkschaften erkämpften Lohnaufschläge will der Konzern in seiner Bilanz ausgleichen. Und auf der politischen Bühne wird es in diesen Wochen ernst für Mehdorns großes Ziel eines Börsengangs. Soll das letzte große Staatsunternehmen noch wie geplant in absehbarer Zeit an den Kapitalmarkt rollen, müssen die Weichen bald gestellt werden.

Zwischen den Tarifrivalen von einst standen die Zeichen nach der mühsam gefundenen Einigung vom Wochenende auf Versöhnung. "Da muss man jetzt nicht mehr nachtreten", meinte ein milde gestimmter Chef der Lokführergewerkschaft GDL, Manfred Schell, gestern.

Der Boss der Konkurrenzorganisation Transnet, Norbert Hansen, lobte das Modell einer gegenseitigen Anerkennung der jeweiligen Tarifverträge als "positives Signal" für andere Branchen. Und auch Bahn-Personalchefin Margret Suckale wollte keinen Sieger und keine Besiegten ausmachen. "Alle haben gewonnen, aber auch nachgegeben." Sie gehe nun von einem "langfristigen Frieden" im Gewerkschaftslager aus.

Die Probe aufs Exempel werden die Unterhändler aller Seiten schon relativ bald machen. Bereits in einem Jahr, Ende Februar 2009, laufen die jetzt geschlossenen Entgelt-Tarifverträge aus. Bis dahin baut die Bahn darauf, dass die GDL sowie die Tarifgemeinschaft aus Transnet und GDBA wie zugesagt eine "Kooperationsabrede" unter Dach und Fach bekommen - auch wenn alle Anläufe dazu in den vergangenen Monaten zuverlässig gescheitert waren. Die gefundene Abgrenzung - die GDL vertritt die Lokführer, Transnet und GDBA vertreten die übrigen Bahner - solle ein gegenseitiges Aufschaukeln vermeiden, hofft die Bahn.

Stillstand Seit mindestens fünf Jahren kämpft Bahnchef Mehdorn für den Börsengang. Derzeit herrscht eher Stillstand. Um noch im Herbst an die Börse zu rollen, müssten die Weichen bald gestellt werden.

Holding Im bislang letzten Holding-Modell, entwickelt von Verkehrsminister Tiefensee und Finanzminister Steinbrück, wurde der Einfluss des Eigentümers Bund auf das von der Bahn mitzubetreibende Gleisnetz noch stärker als bisher gesichert. Das etwa 34000 Kilometer lange Schienennetz wird der Privatisierung völlig entzogen. Es liegt dann am Bund, für eine ausreichende Verkehrsinfrastruktur zu sorgen. An der Börse verkauft werden sollen dagegen über eine Zwischenholding die Bereiche Personenverkehr und Logistik bis zu einem Anteil von 49,9 Prozent.

Termin Der für Oktober geplante Börsengang ist fraglich. Die "Meinungsbildung" in den Parteien ist noch längst nicht abgeschlossen.

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