Bahnstreik: Ein Zettel für den Arbeitgeber

Die Gewerkschaft GDL hat den Nahverkehr in NRW am Freitag fast lahmgelegt. Das ganz große Verkehrschaos blieb aber aus.

Düsseldorf. Morgens um 7 ist die Welt am Düsseldorfer Hauptbahnhof schon nicht mehr in Ordnung: An der großen elektronischen Informationstafel dominiert die Farbe Gelb. Jedenfalls bei den Abfahrtzeiten für die S-Bahnen und Regionalzüge: "fällt leider aus" prangt in dunkelgelben Buchstaben hinter fast allen Verbindungen, die normalerweise morgendliche Berufspendler zu deren Arbeitsplätzen in der Region bringen.

Der Streik der Lokführer-Gewerkschaft GDL hat den öffentlichen Nahverkehr in Nordrhein-Westfalen empfindlich getroffen: Nach Gewerkschaftsangaben fallen fast 85 Prozent aller S-Bahnen und Regionalzüge aus. Doch das ganz große Chaos im Berufsverkehr, das viele befürchtet hatten, bleibt aus. Die meisten Pendler haben sich vorbereitet und sind auf anderen Wegen unterwegs.

So hält sich die Zahl derjenigen, die am Düsseldorfer Bahnhof gleichsam gestrandet sind, letztlich in Grenzen. Für das eigens verstärkte Service-Team der Bahn ist dies aber auch nicht unbedingt eine Erleichterung. "Ich glaube, heute Abend habe ich Fransen an den Lippen", stöhnt Volker Fröhmer (51). Immer wieder müssen er und sein Kollege David Hamacher (27) an ihrem mobilen Info-Stand Bahnkunden erklären: "Nein, wir wissen auch nicht, ob die S-Bahn fährt." Und: "Nein, heute Nachmittag ist der Streik noch nicht beendet. Der soll bis Mitternacht dauern."

Das ist die unschöne Seite des Auskunft-Gebens. Doch es gibt auch eine erfreuliche: "Ja, Sie können heute auch mit dem IC oder ICE fahren. Die sind freigegeben." Und: "Ja, die fahren."

Hinzu kommt ein weiterer Service der Beiden, von der viele Bahnkunden Gebrauch machen: Auf Wunsch stellen Fröhmer und Hamacher vorgedruckte Bescheinigungen für den Arbeitgeber aus, dass die Kunden nicht mit der gewünschten Verbindung fahren können.

Auch Britta Schülke (26) holt sich eine Bescheinigung. Die Rechtsreferendarin wohnt in Düsseldorf, arbeitet am Wuppertaler Landgericht und hätte dort um 9 Uhr eine Beweisaufnahme in einem Zivilverfahren durchführen sollen. "Ich bin schon extra ganz früh zum Bahnhof gekommen, um vielleicht irgendeine Bahn erwischen zu können. Aber da fährt einfach nichts", sagt sie resignierend. Für den Streik der Lokführer hat Schülke dennoch Verständnis: "Das ist doch fast wie David gegen Goliath. Ich finde, dass die Bahn den Lokführern mehr Geld geben müsste."

Bewertung Bahn und Lokführergewerkschaft GDL haben die Streikfolgen unterschiedlich bewertet: Der Konzern gab die Ausfallquote im Regionalverkehr und bei den S-Bahnen bundesweit mit etwa 50 Prozent an, die GDL mit 85 Prozent. An einem normalen Werktag sind rund 26 000 Regionalzüge und S-Bahnen unterwegs. In NRW fielen nach Angaben eines Bahnsprechers von 4500 Zugverbindungen etwa 2000 aus. Zwei Drittel der S-Bahnen blieben im Depot und die Hälfte der Regionalzüge.

Streikende Bundesweit etwa 1500 Lokführer befanden sich nach Bahn-Angaben gestern im Streik. Bei der Tochter DB Regio und den S-Bahnen sind rund 12 000 Lokführer beschäftigt. Allein in Düsseldorf waren nach GDL-Angaben während der Streikzeit "insgesamt knapp 90 Kollegen " im Ausstand.

Regiobahn Die Züge der privaten Regiobahn zwischen Mettmann und Kaarst verkehrten planmäßig. Ihre Lokführer haben einen eigenen Tarifvertrag und nehmen daher an den Streiks nicht teil.

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